5. PHARMAKOLOGISCHE EIGENSCHAFTEN
5.1 Pharmakodynamische Eigenschaften
Pharmakotherapeutische Gruppe
Antidepressiva – Nicht-selektive Monoamin-Wiederaufnahmehemmer (trizyklische Antidepressiva)
ATC-Code: N06AA09
Wirkmechanismus
Amitriptylin ist ein trizyklisches Antidepressivum und Analgetikum. Es hat ausgeprägte anticholinerge und sedierende Eigenschaften. Es blockiert die Wiederaufnahme und somit die Inaktivierung von Noradrenalin und Serotonin an den Nervenendigungen. Indem die Wiederaufnahme dieser beiden Monoamin-Neurotransmitter verhindert wird, wird ihre Wirkung im Gehirn verstärkt. Dies scheint mit der antidepressiven Aktivität assoziiert zu sein. Der Wirkmechanismus umfasst außerdem Ionenkanal-Blockaden der Natrium-, Kalium- und NMDA-Kanäle sowohl zentral als auch im Rückenmark. Die Noradrenalin-, Natrium- und NMDA-Effekte tragen bekanntermaßen zur Regulierung neuropathischer Schmerzen, Prophylaxe chronischer Spannungskopfschmerzen und Migräneprophylaxe bei. Die schmerzreduzierende Wirkung von Amitriptylin beruht nicht auf seinen antidepressiven Eigenschaften.
Trizyklische Antidepressiva zeigen in unterschiedlichem Maße Affinität für Muscarin- und Histamin-H1-Rezeptoren.
Klinische Wirksamkeit und Sicherheit
Die Wirksamkeit und Sicherheit von Amitriptylin ist bei Erwachsenen in folgenden Anwendungsgebieten nachgewiesen worden:
• Depressive Erkrankungen (Episoden einer Major Depression)
• Neuropathische Schmerzen
• Prophylaxe chronischer Spannungskopfschmerzen
• Migräneprophylaxe
Die Wirksamkeit und Sicherheit von Amitriptylin zur Behandlung von Enuresis nocturna ist bei Kindern ab 6 Jahren nachgewiesen worden (siehe Abschnitt 4.1).
Die empfohlenen Dosierungen sind in Abschnitt 4.2 aufgeführt.
In der Indikation der Depression sind ausschließlich in der stationären Behandlung schwer depressiver Patienten Dosen von bis zu 200 mg täglich und gelegentlich bis zu 300 mg täglich angewendet worden.
Der antidepressive und anlagetische Effekt setzt im Normalfall nach 2-4 Wochen ein, der sedative Effekt ist nicht verzögert.
5.2 Pharmakokinetische Eigenschaften
Resorption
Im Gegensatz zu den Serum-Kurven der Filmtabletten, die eine deutliche frühe Spitze zeigen, steigen die Kurven der Retardtabletten langsam auf ein Plateau an, das niedriger ist als die Spitzenkonzentration der Filmtabletten. Die maximale Plasmakonzentration wird erst nach 1-5 (-8) Stunden erreicht.
Die systemische Bioverfügbarkeit beträgt im Verhältnis zur intravenösen Injektion etwa 50 %.
Verteilung
Das geschätzte scheinbare Verteilungsvolumen (Vd)β nach intravenöser Gabe beträgt 1.221 ± 280 L; Bereich 769-1.702 l (16 ± 3 l/kg).
Die Rate der Proteinbindung im Plasma beträgt rund 95 %.
Sowohl Amitriptylin als auch sein Hauptmetabolit Nortriptylin passieren die Plazentaschranke.
Bei stillenden Frauen treten Amitriptylin und Nortriptylin in geringen Mengen in die Muttermilch über. Das Verhältnis der Konzentration/Plasmakonzentration beträgt bei Frauen 1:1. Die geschätzte tägliche Wirkstoffexposition (Amitriptylin + Nortriptylin) des Säuglings beläuft sich auf durchschnittlich 2 % der entsprechenden gewichtsbezogenen Amitriptylin-Dosis der Mutter (in mg/kg) (siehe Abschnitt 4.6).
Biotransformation
In vitro erfolgt die Metabolisierung von Amitriptylin hauptsächlich durch Demethylierung (CYP2C19, CYP3A4) und Hydroxylierung (CYP2D6), gefolgt von der Konjugation mit Glucuronsäure. Weitere beteiligte Isozyme sind CYP1A2 und CYP2C9. Die Metabolisierung unterliegt dem Einfluss genetischer Polymorphie. Der hauptsächlich aktive Metabolit ist das sekundäre Amin Nortriptylin.
Nortriptylin hemmt stärker die Noradrenalin- als die Serotonin-Wiederaufnahme, während Amitriptylin die Wiederaufnahme von Noradrenalin und Serotonin in gleichem Maße inhibiert. Weitere Metaboliten wie z. B. cis- und trans-10-Hydroxyamitriptylin sowie cis- und trans-10-Hydroxynortriptylin zeigen ein ähnliches Profil wie Nortriptylin, sind allerdings erheblich schwächer. Demethylnortriptylin und Amitriptylin-N-oxid liegen im Plasma nur in geringen Mengen vor; der letztere Metabolit ist nahezu inaktiv. Alle Metaboliten sind weniger anticholinerg als Amitriptylin und Nortriptylin. Im Plasma dominiert mengenmäßig das Gesamt-10-hydroxynortriptylin, doch der Großteil der Metaboliten ist konjugiert.
Elimination
Die Eliminationshalbwertszeit (t1⁄2β) von Amitriptylin nach oraler Anwendung beträgt rund 25 Stunden (24,65 ± 6,31 Stunden; Bereich 16,49-40,36 Stunden). Die mittlere systemische Clearance (Cls) beträgt 39,24 ± 10,18 l/h; Bereich 24,53-53,73 l/h.
Die Ausscheidung erfolgt vorwiegend mit dem Urin. Der Anteil der renalen Ausscheidung von unverändertem Amitriptylin ist unbedeutend (rund 2 %).
Die Steady-State-Plasmakonzentrationen von Amitriptylin + Nortriptylin werden bei den meisten Patienten innerhalb einer Woche erreicht; im Steady-State nach Behandlung mit konventionellen Tabletten dreimal täglich setzt sich der Plasmagehalt rund um die Uhr zu etwa gleichen Teilen aus Amitriptylin und Nortriptylin zusammen.
Wenn die Retardtabletten abends eingenommen werden, ist die Amitriptylin-Konzentration spät in der Nacht am höchsten und nimmt den Tag über ab, während die Nortriptylin-Konzentration rund um die Uhr konstant bleibt und somit Tagsüber vorherrschend ist.
Ältere Patienten
Bei älteren Patienten sind längere Halbwertszeiten und niedrigere orale Clearance-Werte (Cloral) infolge einer niedrigeren Metabolisierungsrate nachgewiesen worden.
Eingeschränkte Leberfunktion
Eine Leberfunktionsstörung kann durch beeinträchtigte hepatische Extraktion zu erhöhten Plasmakonzentrationen führen; bei diesen Patienten ist das Arzneimittel daher nur mit Vorsicht hinsichtlich Dosierung anzuwenden (siehe Abschnitt 4.2).
Eingeschränkte Nierenfunktion
Eine Nierenfunktionsstörung hat keinen Einfluss auf die Kinetik.
Polymorphie
Die Metabolisierung unterliegt dem Einfluss genetischer Polymorphie (CYP2D6 und CYP2C19) (siehe Abschnitt 4.2).
Pharmakokinetisch-pharmakodynamischer Zusammenhang
Die Plasmakonzentrationen von Amitriptylin und Nortriptylin variieren sehr stark zwischen den Individuen und es konnte bisher keine einfache Korrelation mit dem therapeutischen Ansprechen nachgewiesen werden. Die therapeutische Plasmakonzentration bei depressiven Erkrankungen (Episoden einer Major Depression) beträgt ca. 80-200 ng/ml (~280-700 nmol/L) (Amitriptylin + Nortriptylin).
Konzentrationen oberhalb von 300-400 ng/ml sind mit erhöhtem Risiko für Störungen der kardialen Erregungsleitung in Form einer Verbreiterung des QRS-Komplexes oder eines AV-Blocks assoziiert.
5.3 Präklinische Daten zur Sicherheit
Amitriptylin inhibiert in mikromolaren Konzentrationen, die im oberen Bereich therapeutischer Plasmakonzentrationen liegen, Ionenkanäle, die für die Repolarisation im Herzen verantwortlich sind (hERG-Kanäle). Dadurch kann Amitriptylin potenziell das Risiko für Herzrhythmusstörungen erhöhen (siehe Abschnitt 4.4).
Das genotoxische Potential von Amitriptylin ist in verschiedenen Studien in vitro und in vivo untersucht worden. Obwohl die Ergebnisse zum Teil widersprüchlich sind, kann insbesondere ein Potenzial für die Induktion chromosomaler Aberrationen nicht ausgeschlossen werden. Langzeitstudien zur Karzinogenität wurden bisher nicht durchgeführt.
In Reproduktionsstudien mit Mäusen, Ratten und Kaninchen, denen Amitriptylin oral in Dosen von 2-40 mg/kg/Tag (was dem bis zu 13-Fachen der beim Menschen empfohlenen Höchstdosis Amitriptylin von 150 mg/Tag oder 3 mg/kg/Tag bei einem Körpergewicht von 50 kg entspricht), wurden keine teratogenen Effekte beobachtet. Allerdings weisen Daten aus der Literatur auf ein Risiko von Fehlbildungen und eine Verzögerung der Ossifikation bei Mäusen, Hamstern, Ratten und Kaninchen beim 9- bis 33-Fachen der maximalen empfohlenen Dosis, hin. Bei Ratten lag eine mögliche Assoziation mit einer Auswirkung auf die Fertilität (in Form einer niedrigeren Trächtigkeitsrate) vor. Der Grund für diese Auswirkung auf die Fertilität ist nicht bekannt.
6. PHARMAZEUTISCHE ANGABEN
6.1 Liste der sonstigen Bestandteile
Tablettenkern
Hochdisperses Siliciumdioxid
Hyprolose
Lactose-Monohydrat
Mikrokristalline Cellulose
Natriumalginat
Magnesiumstearat (Ph.Eur.)
Tablettenfilm
Hypromellose
Lactose-Monohydrat
Macrogol 4000
Chinolingelb-Aluminiumsalz (E 104)
Indigocarmin-Aluminiumsalz (E 132)
Titandioxid (E 171)
6.2 Inkompatibilitäten
Nicht zutreffend.
6.3 Dauer der Haltbarkeit
5 Jahre
6.4 Besondere Vorsichtsmaßnahmen für die Aufbewahrung
Für dieses Arzneimittel sind keine besonderen Lagerungsbedingungen erforderlich.
6.5 Art und Inhalt des Behältnisses
PP/Aluminium-Blister
Packungen mit 20, 50 und 100 Retardtabletten
Es werden möglicherweise nicht alle Packungsgrößen in den Verkehr gebracht.
6.6 Besondere Vorsichtsmaßnahmen für die Beseitigung
Nicht verwendetes Arzneimittel oder Abfallmaterial ist entsprechend den nationalen Anforderungen zu entsorgen.
7. INHABER DER ZULASSUNG
Hexal AG
Industriestraße 25
83607 Holzkirchen
Telefon: (08024) 908-0
Telefax: (08024) 908-1290
E-Mail: medwiss@hexal.com
8. ZULASSUNGSNUMMER
3003259.00.00
9. DATUM DER ERTEILUNG DER ZULASSUNG/VERLÄNGERUNG DER ZULASSUNG
Datum der Erteilung der Zulassung
20.01.2004
Datum der Verlängerung der Zulassung
20.01.2009
10. STAND DER INFORMATION
August 2023
11. VERKAUFSABGRENZUNG
Verschreibungspflichtig