5. PHARMAKOLOGISCHE EIGENSCHAFTEN
5.1 Pharmakodynamische Eigenschaften
Pharmakotherapeutische Gruppe: Glucocorticoid, ATC-Code: H 02 A B 06
Prednisolon ist ein nichtfluoriertes Glucocorticoid zur systemischen Therapie.
Prednisolon beeinflusst dosisabhängig den Stoffwechsel fast aller Gewebe. Im physiologischen Bereich ist diese Wirkung lebensnotwendig zur Aufrechterhaltung der Homöostase des Organismus in Ruhe und unter Belastung sowie zur Regulation von Aktivitäten des Immunsystems.
Bei Ausfall oder Insuffizienz der Nebennierenrinde kann Prednisolon das endogene Hydrocortison ersetzen. Es beeinflusst dabei im metabolischen Gleichgewicht den Kohlenhydrat-, Eiweiß- und Fettstoffwechsel. Dosiswirkungsbezogen entsprechen dabei etwa 5 mg Prednisolon 20 mg Hydrocortison. Wegen der nur geringen mineralocorticoiden Wirkung von Prednisolon muss jedoch in der Substitutionstherapie bei Ausfall der NNR-Funktion zusätzlich ein Mineralocorticoid gegeben werden.
Beim adrenogenitalen Syndrom ersetzt Prednisolon das durch Enzymdefekt fehlende Cortisol und hemmt die überhöhte Bildung von Corticotropin in der Hypophyse sowie von Androgenen in der NNR. Wenn der Enzymdefekt auch die Synthese von Mineralocorticoid betrifft, muss dieses zusätzlich substituiert werden.
In höheren als den zur Substitution erforderlichen Dosen wirkt Prednisolon rasch antiphlogistisch (antiexsudativ und antiproliferativ) und verzögert immunsuppressiv. Es hemmt hierbei die Chemotaxis und Aktivität von Zellen des Immunsystems sowie die Freisetzung und Wirkung von Mediatoren der Entzündungs- und Immunreaktionen, z. B. von lysosomalen Enzymen, Prostaglandinen und Leukotrienen. Bei Bronchialobstruktion wird die Wirkung bronchialerweiternder Betamimetika verstärkt (permissiver Effekt).
Längerdauernde Therapie mit hohen Dosen führt zur Involution des Immunsystems und der NNR.
Der bei Hydrocortison deutlich vorhandene und beim Prednisolon noch nachweisbare mineralotrope Effekt kann eine Überwachung der Serumelektrolyte erfordern.
Die Wirkung von Prednisolon bei Atemwegsobstruktion beruht im Wesentlichen auf der Hemmung entzündlicher Prozesse, Unterdrückung oder Verhinderung eines Schleimhautödems, Hemmung der Bronchialkonstriktion, Hemmung bzw. Einschränkung der Schleimproduktion sowie Herabsetzung der Schleimviskosität. Diesen Wirkungen liegen folgende Mechanismen zugrunde: Gefäßabdichtung und Membranstabilisierung, Normalisierung von durch Dauergebrauch verminderter Ansprechbarkeit der Bronchialmuskulatur auf β2-Sympathomimetika, Dämpfung der Typ-I-Reaktion ab der 2. Therapiewoche.
5.2 Pharmakokinetische Eigenschaften
Prednisolon wird nach oraler Aufnahme rasch und nahezu vollständig resorbiert, maximale Serumkonzentrationen werden innerhalb von 1 bis 2 Stunden erreicht. Es erfolgt reversible Bindung an Transcortin und Plasmaalbumin.
Prednisolon wird hauptsächlich in der Leber zu ca. 70 % durch Glucuronidierung und zu ca. 30 % durch Sulfatierung metabolisiert. Zum Teil erfolgt eine Umwandlung in 11β, 17β-Dihydroxyandrosta-1,4-dien-3-on und in 1,4-Pregnadien-20-ol. Die Metabolite sind hormonell inaktiv und werden vorwiegend renal eliminiert. Nur ein minimaler Anteil von Prednisolon erscheint unverändert im Harn. Die Plasmaeliminations-Halbwertszeit beträgt ca. 3 Std. Sie ist verlängert bei schweren Leberfunktionsstörungen. Die Wirkdauer des Prednisolon ist länger als die Verweilzeit im Serum, sie beträgt im mittleren Dosisbereich 18 bis 36 Stunden.
Bioverfügbarkeit
Absolute Bioverfügbarkeit
Prednisolon wird nach oraler Aufnahme rasch und nahezu vollständig resorbiert, maximale Serumkonzentrationen werden innerhalb von 1 bis 2 Stunden erreicht.
In einer im Jahre 1993 durchgeführten randomisierten 2-fach-Crossover Studie zur absoluten Bioverfügbarkeit an 12 gesunden männlichen Probanden wurde eine Tablette Decortin H 20 mg oral gegen 25 mg Prednisolon-21-Hemisuccinat Natriumsalz (= 18.7 mg Prednisolon) intravenös als 1 Ampulle Solu-Decortin H 25 mg (Referenz) verglichen, wobei die Einnahme der Tablette morgens nach einem Standardfrühstück erfolgte.
Es wurden folgende Daten gefunden:
Parameter | Decortin H 20 mg | Referenz (Solu- Decortin H 25 mg) |
Maximale Plasma- konzentration (Cmax) [ng/ml] | 253.9 (28.5) | 323.6 (70.0)* |
Zeitpunkt der maximalen Plasma- konzentration tmax [h] | 1.83 (1.10) | 0.24 (0.09) |
Fläche unter der Konzentrations- Zeit-Kurve (AUC) [h × ng/ml] | 1593 (326) | 1439 (386) |
Absolute Bio- verfügbarkeit Fabs [%] | 106 (0.17) | |
* 5 Minuten nach Injektion.
(Angabe der Werte als Mittelwerte und Standardabweichungen)
Basierend auf dem individuellen Flächenvergleich AUC po/AUC iv beträgt die dosiskorrgierte absolute Bioverfügbarkeit im Mittel 106 % mit einer Variationsbreite von 86 % – 134 %.
Statis- tische Methode | Para- meter | Punkt- schätzer | 90 % Konfidenz- intervall |
ANOVA ln | AUC | 104.73 | 95.90 – 114.38 |
Die CV-ANOVA zur Abschätzung der intraindividuellen Variabilität von Prednisolon ergibt für AUC 13.08 %.
Siehe Abbildung 1
Abbildung 1
Relative BioverfügbarkeitRelative Bioverfügbarkeit/Bioäquivalenz 1 mg vs. 5 mgIn einer im Jahre 1990 durchgeführten randomisierten Crossover-Studie an 12 gesunden männlichen Probanden zur relativen Bioverfügbarkeit/Bioäquivalenz wurden 5 Tabletten Decortin H 1 mg gegen eine Tablette Decortin H 5 mg als Referenz verglichen, wobei die Einnahme der Tabletten morgens zu einem Standardfrühstück erfolgte.
Es wurden folgende Daten für Prednisolon gefunden:
Parameter | 5× Decortin H 1 mg | Decortin H 5 mg |
Maximale Plasma- konzentration (Cmax) [ng/ml] | 133 (19) | 146 (23) |
Zeitpunkt der maximalen Plasma- konzentration tmax [h] | 1.23 (1.28) | 1.23 (1.16) |
Fläche unter der Konzentrations- Zeit-Kurve (AUC) [h × ng/ml] | 791 (138) | 913 (300) |
(Angabe der Werte als Mittelwerte und Standardabweichungen)
Basierend auf individuellen Vergleich der AUC beträgt die relative Bioverfügbarkeit im Mittel für Prednisolon 85 %.
Statis- tische Methode | Para- meter | Punkt- schätzer | 90 % Konfidenz- intervall |
ANOVAln | AUC | 86.97 | 77.03 – 98.19 |
ANOVAln | Cmax | 91.08 | 81.09 – 102.29 |
Die CV-ANOVA zur Abschätzung der intraindividuellen Variabilität von Prednisolon ergibt für AUC 17.31 %, für C
max 15.70 %.
Relative Bioverfügbarkeit/Bioäquivalenz 5 mg vs. 20 mgIn einer im Jahre 1992 durchgeführten randomisierten 2fach-Crossover-Studie an 12 gesunden männlichen Probanden zur relativen Bioverfügbarkeit/Bioäquivalenz wurde eine Tablette Decortin H 20 mg gegen vier Tabletten Decortin H 5 mg als Referenz verglichen, wobei die Einnahme der Tabletten morgens zu einem Standardfrühstück erfolgte.
Es wurden folgende Daten für Prednisolon gefunden:
Parameter | Decortin H 20 mg | 4 × Decortin H 5 mg |
Maximale Plasma- konzentration (Cmax) [ng/ml] | 339 (64) | 326 (36) |
Zeitpunkt der maximalen Plasma- konzentration tmax [h] | 1.9 (0.9) | 1.9 (0.6) |
Fläche unter der Konzentrations- Zeit-Kurve (AUC) [h × ng/ml] | 2329 (490) | 2148.2 (358) |
(Angabe der Werte als Mittelwerte und Standardabweichungen)
Basierend auf individuellem Vergleich der AUC beträgt die relative Bioverfügbarkeit im Mittel für Prednisolon 108 %.
Statis- tische Methode | Para- meter | Punkt- schätzer | 90 % Konfidenz- intervall |
ANOVAln | AUC | 107.65 | 98.43 – 117.75 |
ANOVAln | Cmax | 103.01 | 95.40 – 111.21 |
Die CV-ANOVA zur Abschätzung der intraindividuellen Variabilität von Prednisolon ergibt für AUC 12.38 %, für C
max 11.88 %.
Siehe Abbildung 2
Relative Bioverfügbarkeit/Bioäquivalenz 5 mg vs. 10 mgIn einer im Jahr 1999 durchgeführten Bioverfügbarkeitsuntersuchung an 16 Probanden wurde eine Tablette Decortin H 10 mg gegen zwei Tabletten Decortin H 5 mg als Referenz verglichen mit folgendem Ergebnis:
Parameter | 1 Tabl. Decortin H 10 mg | 2 Tabl. Decortin H 5 mg |
Maximale Plasma- konzentration (Cmax; ng/ml) | 224,4 ± 29,4 | 242,1 ± 25,3 |
Zeitpunkt der maximalen Plasma- konzentration (tmax; h) | 1,132 ± 0,5 | 0,77 ± 0,23 |
Fläche unter der Konzentrations- Zeit-Kurve (AUC; ng/ml × h) | 1101,4 ± 131,8 | 1132,8 ± 139,7 |
(Angabe der Werte als Mittelwert und Streubreite)
Siehe Abbildung 3
5.3 Präklinische Daten zur Sicherheit
Basierend auf den konventionellen Studien zur Sicherheitspharmakologie, Toxizität bei wiederholter Gabe, Reproduktionstoxizität, Genotoxizität und zum kanzerogenen Potential lassen die präklinischen Daten keine besonderen Gefahren für den Menschen erkennen.
Akute Toxizität
Untersuchungen zur Akuttoxikologie von Prednisolon an der Ratte ergaben eine LD50 (Todeseintritt innerhalb von 7 Tagen) nach Einmalapplikation von 240 mg/kg KG Prednisolon.
Subchronische/chronische Toxizität
Licht- und elektronenmikroskopische Veränderungen an Langerhans-Inselzellen von Ratten wurden nach täglichen i. p. Gaben von 33 mg/kg KG über 7 bis 14 Tage an Ratten gefunden. Beim Kaninchen konnten experimentelle Leberschäden durch tägliche
Gabe von 2 bis 3 mg/kg KG über 2 bis 4 Wochen erzeugt werden. Histotoxische Wirkungen im Sinne von Muskelnekrosen wurden nach mehrwöchiger Verabreichung von 0,5 bis 5 mg/kg an Meerschweinchen und 4 mg/kg an Hunden referiert.
Mutagenes und tumorerzeugendes Potential
Vorliegende Untersuchungsbefunde für Glucocorticoide ergeben keine Hinweise auf klinisch relevante genotoxische Eigenschaften.
Reproduktionstoxizität
Prednisolon ruft im Tierexperiment bei Mäusen, Hamstern und Kaninchen Gaumenspalten hervor. Bei parenteraler Verabreichung traten bei Ratten geringfügige Anomalien an Schädel, Kiefer und Zunge auf. Intrauterine Wachstumsstörungen wurden beobachtet (siehe auch 4.6).
Bei einer Anwendung von hohen Prednisolon-Dosen für einen längeren Zeitraum (30 mg/ Tag für mindestens 4 Wochen) sind reversible Störungen der Spermatogenese beobachtet worden, die nach Absetzen des Arzneimittels noch mehrere Monate anhielten.
6. PHARMAZEUTISCHE ANGABEN
6.1 Liste der sonstigen Bestandteile
Decortin H 1 mg Tabletten
Magnesiumstearat (Ph. Eur.), hochdisperses Siliciumdioxid (Ph. Eur.), Carboxymethylstärke-Natrium (Typ C) (Ph. Eur.), Hypromellose (Ph. Eur.), Talkum (Ph. Eur.), Lactose-Monohydrat (Ph. Eur.), Maisstärke (Ph. Eur.), mikrokristalline Cellulose (Ph. Eur.).
Decortin H 5 mg/20 mg/50 mg Tabletten
Magnesiumstearat (Ph. Eur.), hochdisperses Siliciumdioxid (Ph. Eur.), Carboxymethylstärke-Natrium (Typ C) (Ph. Eur.), Hypromellose (Ph. Eur.), Talkum (Ph. Eur.), Lactose-Monohydrat (Ph. Eur.), Maisstärke (Ph. Eur.).
Decortin H 10 mg Tabletten
Kartoffelstärke (Ph. Eur.), Lactose-Monohydrat (Ph. Eur.), hochdisperses Siliciumdioxid (Ph. Eur.), Carboxymethylstärke-Natrium (Typ C) (Ph. Eur.), Magnesiumstearat (Ph. Eur.).
6.2 Inkompatibilitäten
Nicht zutreffend.
6.3 Dauer der Haltbarkeit
Die Dauer der Haltbarkeit für Blisterpackungen von Decortin H 5 mg/20 mg/50 mg Tabletten beträgt 3 Jahre.
Die Dauer der Haltbarkeit für Blisterpackungen von Decortin H 1 mg/ 10 mg Tabletten beträgt 2 Jahre.
Dieses Arzneimittel soll nach Ablauf des Verfalldatums nicht mehr angewendet werden.
6.4 Besondere Vorsichtsmaßnahmen für die Aufbewahrung
Decortin H 1 mg/H 5 mg/H 20 mg/H 50 mg Tabletten:
Nicht über 25 °C lagern.
Decortin H 10 mg Tabletten:
Nicht über 30 °C lagern.
6.5 Art und Inhalt des Behältnisses
Decortin H 1 mg Tabletten:
Blisterpackung, bestehend aus Aluminium und Aluminiumdeckfolie
20 Tabletten
50 Tabletten
100 Tabletten
Decortin H 5 mg Tabletten:
Blisterpackung, bestehend aus PVC und Aluminiumdeckfolie
20 Tabletten
50 Tabletten
100 Tabletten
Klinikpackung
Decortin H 10 mg Tabletten:
Blisterpackung, bestehend aus Polyvinylchloridschicht mit PVDC-Beschichtung und Aluminiumdeckfolie
20 Tabletten
50 Tabletten
100 Tabletten
Klinikpackung
Decortin H 20 mg Tabletten:
Blisterpackung, bestehend aus PVC und Aluminiumdeckfolie
10 Tabletten
50 Tabletten
100 Tabletten
Klinikpackung
Decortin H 50 mg Tabletten:
Blisterpackung, bestehend aus PVC und Aluminiumdeckfolie
10 Tabletten
50 Tabletten
Klinikpackung
Es werden möglicherweise nicht alle Packungsgrößen in den Verkehr gebracht.
6.6 Besondere Vorsichtsmaßnahmen für die Beseitigung
Keine besonderen Anforderungen.
Nicht verwendetes Arzneimittel oder Abfallmaterial ist entsprechend den nationalen Anforderungen zu beseitigen.
7. INHABER DER ZULASSUNG
Merck Healthcare Germany GmbH
Waldstraße 3
64331 Weiterstadt
E-Mail: Medwiss.Service@merckgroup.com
Kostenfreie Servicenummer:
Tel.: 0800 42 88 373
Telefax: (06151) 6285-816
8. ZULASSUNGSNUMMERN
Decortin H 1 mg Tabletten: 6108973.00.00
Decortin H 5 mg Tabletten: 8454.00.00
Decortin H 10 mg Tabletten: 50527.00.00
Decortin H 20 mg Tabletten: 8454.01.00
Decortin H 50 mg Tabletten: 8454.02.00
9. DATUM DER ERTEILUNG DER ZULASSUNG/VERLÄNGERUNG DER ZULASSUNG
Decortin H 1 mg Tabletten:
05.07.2004
Decortin H 5 mg Tabletten:
03.10.1989/01.10.2002
Decortin H 10 mg Tabletten:
06.07.2001/30.04.2009
Decortin H 20 mg Tabletten:
03.10.1989/01.10.2002
Decortin H 50 mg Tabletten:
03.10.1989/01.10.2002
10. STAND DER INFORMATION
Februar 2022
11. VERKAUFSABGRENZUNG
Verschreibungspflichtig.