5. PHARMAKOLOGISCHE EIGENSCHAFTEN
5.1 Pharmakodynamische Eigenschaften
Pharmakotherapeutische Gruppe: Neurotrope Vitamine: Vitamin B1 in Kombination mit Vitamin B6 und Vitamin B12
ATC-Code: A11DB
Neurobion, Injektionslösung, enthält die Vitamine B1, B6 und B12, die als Coenzyme wirken und damit für den Stoffwechsel essentielle Substanzen darstellen. Ihre Bedeutung im Stoffwechsel peripherer und zentraler Nervenzellen sowie deren Begleitzellen ist im Zusammenhang mit der Erhaltung der strukturellen und funktionellen Eigenschaften des Nervensystems zu sehen.
Thiamin (Vitamin B1 )
Die wirksame Form des Vitamin B1 ist das Thiaminpyrophosphat, das bei einer Reihe von Enzymen (z. B. Pyruvatdehydrogenase und Transketolase) als Coenzym wirkt. Vitamin B1 ist demnach vor allem in den Kohlenhydratstoffwechsel eingeschaltet; es ist jedoch auch an der Synthese von Lipiden und Aminosäuren beteiligt.
Nervenzellen decken ihren Energiebedarf ausschließlich über die enzymatische Oxidation und Decarboxylierung von Glukose, so dass hier das ausreichende Vorhandensein von Vitamin B1 von entscheidender Bedeutung ist. Thiamin ist weiterhin an der neuronalen Erregungsübertragung beteiligt. Außerdem gibt es experimentelle Hinweise für eine analgetische Wirkung.
Pyridoxin (Vitamin B6 )
Pyridoxalphosphat, die biologisch aktive Form des Pyridoxins, ist das bestimmende Coenzym des Aminosäurestoffwechsels. Es ist durch Decarboxylierungsprozesse an der Bildung physiologisch aktiver Amine (z. B. Serotonin, Histamin, Adrenalin) sowie durch Transaminierungen an anabolen und katabolen Stoffwechselprozessen beteiligt. Für das Nervensystem spielt Pyridoxalphosphat, insbesondere im enzymatisch kontrollierten Neurotransmitterstoffwechsel, eine essentielle Rolle. Weiterhin steht Pyridoxalphosphat als Katalysator des ersten Biosyntheseschrittes von Sphingosin an einer Schlüsselposition des Stoffwechsels der Sphingolipide. Die Sphingolipide sind wesentliche Bestandteile der Myelinscheiden von Nervenzellen. Eine analgetische Wirkung des Vitamin B6 wurde in tierexperimentellen Modellen nachgewiesen.
Cobalamin (Vitamin B12 )
Vitamin B12 ist in Form seiner aktiven Formen (5-Desoxyadenosylcobalamin und Methylcobalamin) an enzymatisch katalysierten intramolekularen Wasserstoffverschiebungen und an intramolekularen Übertragungen von Methylgruppen beteiligt. Vitamin B12 ist so in die Methionin-Synthese (eng gekoppelt mit der Synthese von Nukleinsäuren) und über die Umwandlung von Propionsäure in Bernsteinsäure auch in den Lipidstoffwechsel eingeschaltet. Vitamin B12 ist an der Methylierung des Myelinbasisproteins, einem Bestandteil der Myelinscheiden des Nervensystems, beteiligt. Durch die Methylierung wird die Lipophilie des Myelinbasisproteins erhöht, was eine verstärkte Einbindung in die Myelinscheiden begünstigt.
Kombinationen von Vitamin B1, B6 und B 12
Die Vitamine B1, B6 und B12 haben für den Stoffwechsel des Nervensystems einzeln, aber auch durch biochemische Verknüpfungen untereinander, eine besondere Bedeutung, die ihre kombinierte Anwendung rechtfertigt. Tierexperimentell wurde gezeigt, dass diese Vitamin-B-Kombination Regenerationsprozesse an geschädigten Nervenfasern beschleunigt, was schließlich zu einer schnelleren Wiederherstellung der Funktion und der Muskelinnervation führt. Im Modell des experimentell-induzierten Diabetes an der Ratte konnte durch B-Vitamine die charakteristische Nervenschädigung verhindert bzw. abgeschwächt werden, so dass einer Verschlechterung der funktionellen Eigenschaften entgegengewirkt werden konnte. Die Vitamine B1, B6 und B12 haben in mehreren Schmerzmodellen an der Ratte eine antinozizeptive Wirkung gezeigt, wobei die Wirkung der Kombination über die der Einzelvitamine hinausgeht. Weiterhin haben elektrophysiologische Experimente ergeben, dass als Mechanismen der klinisch beobachteten Analgesie ein direkter Einfluss der Vitamine auf nozizeptive Verarbeitungswege im Rückenmark oder im Thalamus in Frage kommen könnten. Bei Dosierungen der B-Vitamine, die selbst keine antinozizeptive Wirkung mehr auslösen, kann die Wirkung von Analgetika/NSAR (z. B. Paracetamol, Diclofenac) deutlich potenziert werden. Diese pharmakologischen Eigenschaften der Mischung aus Vitamin B1, B6 und B12 finden ihre Entsprechung in den Ergebnissen aus klinischen Doppelblindprüfungen, die die Wirksamkeit der B-Vitamine bei Erkrankungen im Bereich des Nervensystems belegen.
5.2 Pharmakokinetische Eigenschaften
Thiamin (Vitamin B1)
Für oral zugeführtes Vitamin B1 wird ein dosisabhängiger dualer Transportmechanismus angenommen, und zwar eine aktive Resorption bei Konzentrationen bis zu 2 μmol und eine passive Diffusion bei Konzentrationen über 2 μmol.
Nach Untersuchungen mit markiertem Thiamin ist die Resorption in der Duodenalschleife am größten, geringer im oberen und mittleren Dünndarm. Im Magen bzw. in distalen Dünndarmabschnitten erfolgt fast keine Resorption. Das durch die Dickdarmflora gebildete Thiamin wird nicht resorbiert. Die Resorption von Thiamin erfolgt nach Phosphorylierung in den Epithelzellen, für die Darmwandpassage wird ein Carrier-Mechanismus angenommen. Nach Aufnahme durch die Darmmukosa wird das Thiamin über den Pfortaderkreislauf zur Leber transportiert. In der Leber wird das Thiamin mittels Thiaminkinase zu Thiaminpyrophosphat (TPP) und Thiamintriphosphat (TTP) phosphoryliert.
Thiamin wird mit einer Halbwertzeit von 1,0 Std. für die Betaphase ausgeschieden. Die Hauptausscheidungsprodukte sind:
Thiamincarbonsäure, Pyramin, Thiamin und eine Reihe bisher noch nicht identifizierter Metaboliten (renale Ausscheidung). Je höher die Thiaminzufuhr, desto mehr unverändertes Thiamin wird innerhalb von 4 bis 6 Std. renal eliminiert.
Pyridoxin (Vitamin B6)
Vitamin B6 (Pyridoxin, Pyridoxal und Pyridoxamin) wird hauptsächlich im oberen Magen-Darm-Trakt rasch resorbiert und in Organe und Gewebe transportiert. Die Vitamine werden an Albumin gebunden. Pyridoxalphosphat ist zu etwa 80 % an Proteine gebunden. Vitamin B6 geht in den Liquor zerebrospinalis über, erscheint in der Muttermilch und ist plazentagängig.
Das Hauptausscheidungsprodukt ist die 4-Pyridoxinsäure, deren Menge von der aufgenommenen Vitamin B6 Dosis abhängig ist.
Cobalamin (Vitamin B12)
Die Resorption von Vitamin B12 aus dem Gastrointestinaltrakt erfolgt über 2 Mechanismen:
– Durch die Magensäure wird das mit der Nahrung aufgenommene Vitamin B12 freigesetzt und unmittelbar an den Intrinsicfaktor zum eigentlichen Vitamin B12-Intrinsicfaktor-Komplex gebunden.
– Unabhängig vom Intrinsicfaktor kann Vitamin B12 durch einen unspezifischen Mechanismus (wahrscheinlich Diffusion) passiv in den Blutstrom gelangen.
Nach Untersuchungen an gesunden Personen werden von oral verabreichtem Vitamin B12 maximal 1,5 μg mit Hilfe des Intrinsicfaktors resorbiert. Mit steigender oraler Dosis kommt es zu einer Sättigung der Intrinsicfaktor-abhängigen Aufnahme und zum Anstieg der diffusionsbedingten Vitamin B12-Resorption.
Cobalamin ist im Plasma zu etwa 90 % an Proteine (Transcobalamine) gebunden. Die Hauptmenge des nicht im Plasma zirkulierenden Vitamin B12 wird in der Leber gespeichert.
Vitamin B12 wird überwiegend über die Galle ausgeschieden und größtenteils wieder über den enterohepatischen Kreislauf rückresorbiert. Wird die Speicherkapazität des Körpers durch hochdosierte, insbesondere parenterale Gabe überschritten, wird der nicht retinierte Anteil im Urin ausgeschieden.
Durch die gemeinsame Verabreichung von Vitamin B1, B6 und B12 ist keine negative Beeinflussung der Pharmakokinetik der Einzelvitamine zu erwarten.
5.3 Präklinische Daten zur Sicherheit
In der Literatur gibt es keine Hinweise auf kanzerogene, mutagene oder teratogene Eigenschaften der Vitamine B1, B6 und B12. Studien zur chronischen Toxizität mit Vitamin B1 und B12 ergaben keine toxischen Befunde, die auf die Therapie zurückzuführen waren. Für Vitamin B6 trat bei Hund und Ratte keine chronische Toxizität in einer Dosierung von 20 bis 25 mg/kg pro Tag auf. Vitamin B6 in hoher Dosierung und über einen langen Zeitraum verabreicht, führte bei Hunden und Ratten zu Neuropathien.
6. PHARMAZEUTISCHE ANGABEN
6.1 Liste der sonstigen Bestandteile
Kaliumcyanid, Natriumhydroxid-Lösung (4 %), Wasser für Injektionszwecke
6.2 Inkompatibilitäten
Die Anwendung von Neurobion, Injektionslösung, zusammen mit anderen Medikamenten in einer „Mischspritze“ oder Infusion wird nicht empfohlen.
Vitamin B1 wird durch Sulfithaltige Infusionslösungen vollständig abgebaut. Andere Vitamine, insbesondere Cyanocobalamin, können in Anwesenheit von Vitamin B1 Abbauprodukten inaktiviert werden.
6.3 Dauer der Haltbarkeit
3 Jahre.
Das Präparat soll nach Ablauf des angegebenen Verfalldatums nicht mehr angewendet werden.
6.4 Besondere Vorsichtsmaßnahmen für die Aufbewahrung
Kühl lagern und transportieren (2 °C bis +8 °C).
Nicht einfrieren.
6.5 Art und Inhalt des Behältnisses
Röhrenglas-Ampulle
Originalpackung mit 3 Ampullen zu je 3 ml Injektionslösung
6.6 Besondere Vorsichtsmaßnahmen für die Beseitigung
Spritzen und Nadeln dürfen nicht wiederverwendet werden. Spritzen und Nadeln müssen sofort nach der Anwendung entsorgt werden.
Gebrauchte Spritzen und Nadeln dürfen nicht in den Abfall oder die Toilette geworfen werden, sondern sie müssen in einem besonderen durchstichsicheren Behältnis entsorgt werden.
7. INHABER DER ZULASSUNG
Zulassungsinhaber:
P&G Health Germany GmbH
Sulzbacher Strasse 40
65824 Schwalbach am Taunus
Tel.: 0800 588 92 02
Mitvertreiber:
WICK Pharma
Zweigniederlassung der Procter & Gamble GmbH
65823 Schwalbach am Taunus
8. ZULASSUNGSNUMMER
Zul.-Nr.: 6394358.00.00
9. DATUM DER ERTEILUNG DER ZULASSUNG/VERLÄNGERUNG DER ZULASSUNG
10.06.2015
10. STAND DER INFORMATION
September 2022
11. VERKAUFSABGRENZUNG
Apothekenpflichtig