5. PHARMAKOLOGISCHE EIGENSCHAFTEN
5.1 Pharmakodynamische Eigenschaften
Pharmakotherapeutische Gruppe: Anxiolytika/Benzodiazepine
ATC-Code: N05BA04
Oxazepam ist eine psychotrope Substanz aus der Klasse der 1,4-Benzodiazepine mit angst-, spannungs- und erregungsdämpfenden Eigenschaften sowie sedierenden und hypnotischen Effekten. Darüber hinaus zeigt Oxazepam in hohen Dosen den Muskeltonus dämpfende und antikonvulsive Wirkungen.
Oxazepam bindet mit mittelstarker Affinität an spezifische Rezeptoren im Zentralnervensystem, den Benzodiazepinrezeptoren des GABA-ergen Transmittersystems. Nach Bindung an den Benzodiazepinrezeptor verstärkt Oxazepam die hemmende Wirkung der GABA-ergen Übertragung.
5.2 Pharmakokinetische Eigenschaften
Resorption
Oxazepam wird nach oraler Gabe langsam, aber nahezu vollständig resorbiert. Die Resorptionshalbwertszeit wurde in verschiedenen Studien auf durchschnittlich 34-48 min (8-93 min) eingestuft. Der First-pass-Effekt scheint gering zu sein. Harnausscheidungsraten des Glucuronids lassen auf eine Bioverfügbarkeit von 80-90 % aus dem Magen-Darm-Trakt schließen.
Verteilung
Oxazepam wird zu etwa 95-98 % an Plasmaproteine gebunden.
Maximale Plasmaspiegel sind in der Mehrzahl der Fälle in 1-3 h erreicht. Nach einer Einzeldosis von 15 mg beträgt der maximale Plasmaspiegel an freiem Oxazepam im Mittel 250-350 ng/ml. Nach oraler Gabe von 30 mg Oxazepam wurden in verschiedenen Studien mittlere Werte für die Plasmakonzentrationen von 622-837 ng/ml gefunden (Werte von 427-1.265 ng/ml) nach etwa 2-3 h (0,5-8 h). Die Höhe der Plasmakonzentrationen korreliert mit der verabreichten Dosis. Eine Korrelation zwischen Plasmakonzentration und klinischer Wirksamkeit wurde nicht festgestellt. Das Verteilungsvolumen beträgt 0,6-2 l/kg Körpergewicht, bei Niereninsuffizienz und Hämodialyse-Patienten 5,8 bzw. 3,4 l/kg Körpergewicht.
Biotransformation
Oxazepam wird in der Leber (40 % in 6 h) zum inaktiven Hauptmetabolit Oxazepam-O-Glucuronid transformiert. Daneben wurden 6 weitere, zum Teil glucuronidierte, inaktive Metaboliten in geringen Mengen gefunden.
Metabolismus und Elimination des Oxazepams werden durch bestehende Lebererkrankungen (z. B. Hepatitis und Zirrhose) nicht signifikant verändert. Eine Verringerung der Plasmaeiweißbindung bei gleichzeitiger Erhöhung des Verteilungsvolumens und einer damit einhergehenden Verringerung der totalen Plasmaspiegel, wodurch die Plasmaspiegel des freien Oxazepams im Normalbereich bleiben, wurde beobachtet.
Elimination
Die Ausscheidung erfolgt fast ausschließlich renal (mehr als 80 %).
Der Plasmaverlauf ist biexponenziell. Die terminale Plasmahalbwertszeit wurde interindividuell und methodenabhängig schwankend zwischen 6 und 25 h angegeben. Sie war bei weiblichen Probanden länger (Durchschnitt 9,7 h) als bei männlichen Probanden (Durchschnitt 7,8 h). Die Clearance liegt bei etwa 0,8-2,1 ml/min/kg.
Innerhalb von 72 h wurden etwa 80 % vom Wirkstoff als Oxazepam-O-Glucuronid und weniger als 1 % als freies Oxazepam im Urin wieder gefunden. Freies Oxazepam sowie die 6 inaktiven Metaboliten summieren sich zu ca. 5 % der verabreichten Dosis im Urin.
In den Faeces wurden durchschnittlich weniger als 10 % Gesamt-Oxazepam gefunden.
Bei bestehender Niereninsuffizienz bleiben die metabolische Clearance von Oxazepam sowie die Plasmaspiegel des nicht-proteingebundenen Oxazepams im Normalbereich, das Oxazepamglucuronid kumuliert durch verlängerte Eliminationshalbwertszeit. Die fäkale Elimination steigt mit dem Grad der Niereninsuffizienz.
Während einer 6-stündigen Dialyse wurde praktisch kein Oxazepam und etwa 8 % der gegebenen Dosis in Form des Oxazepamglucuronids eliminiert.
Pharmakokinetik in Schwangerschaft und Stillzeit
Oxazepam und Oxazepamglucuronid passieren die Plazenta. Der Fötus inaktiviert das Oxazepam ebenfalls durch Glucuronidierung, jedoch langsamer als die Mutter. 70-100 % der mütterlichen Konzentration konnten in der Spätschwangerschaft im Plasma des Föten nachgewiesen werden. Die Eliminationshalbwertszeit beim Neugeborenen beträgt etwa 22 h, nach einigen Tagen erfolgt die Metabolisierung mit fast der gleichen Geschwindigkeit wie beim Erwachsenen.
Die Konzentration in der Muttermilch beträgt rund 10 % der mütterlichen Plasmaspiegel.
Bei einer maximalen Trinkmenge von 1 l/Tag nimmt der Säugling maximal 1/1.000 der absoluten mütterlichen Gesamtdosis in Form von freiem Oxazepam und des Oxazepam-Glucuronid auf. Unter Berücksichtigung der altersabhängigen Trinkmenge kann davon ausgegangen werden, dass ein Säugling nicht mehr als 1/100 (auf kg KG bezogen) der Erwachsenendosis aufnimmt.
5.3 Präklinische Daten zur Sicherheit
Akute toxikologische Wirkungen von Oxazepam betreffen vorwiegend das zentrale Nervensystem (siehe Abschnitt 4.9).
Die chronische Verabreichung verursachte bei Ratten eine dosisabhängige zentrilobuläre Hypertrophie der Leberzellen und reversible Fetteinlagerungen bei sehr hohen Dosierungen. Bei Ratten traten weiterhin Nephropathien und nicht-neoplastische Läsionen im Magen und Dünndarm auf. Bei Hunden führten Dosierungen bis zu 960 mg/kg vereinzelt zur Prostata-Atrophie. Die Relevanz für den Menschen ist unklar.
Die Ergebnisse einer umfangreichen Mutagenitätsprüfung mit Oxazepam ergaben keine für die therapeutische Anwendung relevanten Hinweise auf ein genotoxisches Potenzial.
In Langzeitstudien an Ratten und Mäusen traten dosisabhängig Leberadenome und -karzinome sowie follikuläre Schilddrüsenadenome auf. Sie werden als Konsequenz der für Benzodiazepine beschriebenen Enzyminduktion in der Leber von Nagern gewertet.
Oxazepam passiert die Plazenta. Im Nabelschnurblut wurde eine annähernd gleiche Konzentration wie im maternalen Blut gemessen.
Oxazepam zeigte bei Untersuchungen an Ratte, Kaninchen und Maus keine Hinweise auf teratogene Eigenschaften. Es gibt Hinweise auf Verhaltensstörungen der Nachkommen von benzodiazepinexponierten Muttertieren.
6. PHARMAZEUTISCHE ANGABEN
6.1 Liste der sonstigen Bestandteile
Lactose-Monohydrat, Maisstärke, Mikrokristalline Cellulose, Copovidon, Talkum, Hochdisperses Siliciumdioxid, Magnesiumstearat (Ph. Eur.).
6.2 Inkompatibilitäten
Nicht zutreffend
6.3 Dauer der Haltbarkeit
2 Jahre
Dieses Arzneimittel soll nach Ablauf des Verfalldatums nicht mehr angewendet werden.
6.4 Besondere Vorsichtsmaßnahmen für die Aufbewahrung
Nicht über 25 °C lagern.
6.5 Art und Inhalt des Behältnisses
Packung mit 10 Tabletten
Packung mit 20 Tabletten
Packung mit 50 Tabletten
Großpackung mit 100 Tabletten
6.6 Besondere Vorsichtsmaßnahmen für die Beseitigung
Keine besonderen Anforderungen.
7. INHABER DER ZULASSUNG
ratiopharm GmbH
Graf-Arco-Str. 3
89079 Ulm
8. ZULASSUNGSNUMMER
2358.00.00
9. DATUM DER ERTEILUNG DER ZULASSUNG/VERLÄNGERUNG DER ZULASSUNG
Datum der Erteilung der Zulassung: 25. Oktober 1982
Datum der letzten Verlängerung der Zulassung: 5. April 2006
10. STAND DER INFORMATION
September 2018
11. VERKAUFSABGRENZUNG
Verschreibungspflichtig
Empfehlungen des Sachverständigenausschusses der Bundesregierung für den Arzt zur sachgerechten Anwendung von Benzodiazepin-haltigen Arzneimitteln
Benzodiazepine sind Arzneistoffe, die überwiegend zur vorübergehenden Behandlung schwerer Angstzustände und Schlafstörungen eingesetzt werden. Nach bisherigen Erkenntnissen werden Benzodiazepine zu häufig und über eine zu lange Zeit verordnet, was zu einer Abhängigkeitsentwicklung führen kann. Dieses Risiko steigt mit der Höhe der Dosis und der Dauer der Anwendung an. Neben ihrem Abhängigkeitspotential haben Benzodiazepine weitere unerwünschte Arzneimittelwirkungen, z.B. Beeinträchtigung des Reaktionsvermögens, verstärktes Wiederauftreten der ursprünglichen Symptomatik nach Absetzen der Medikation (Rebound-Schlaflosigkeit, Rebound-Angst, delirante Syndrome, Krämpfe), Gedächtnisstörungen sowie neuropsychiatrische Nebenwirkungen. Sie können auch die pharmakokinetischen Eigenschaften anderer Arzneistoffe beeinflussen. Neben der Abhängigkeitsentwicklung gibt auch der Missbrauch von Benzodiazepinen seit längerem Anlass zur Besorgnis.
Deshalb sind von den verordnenden Ärzten die folgenden Richtlinien zu beachten, die unter Berücksichtigung von Veröffentlichungen der Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft und der Arbeitsgemeinschaft Neuropsychopharmakologie und Pharmakopsychiatrie formuliert wurden:
1. Sorgfältige Indikationsstellung!
2. Bei Patienten mit einer Abhängigkeitsanamnese ist besondere Vorsicht geboten. In der Regel keine Verschreibung.
3. In der Regel kleinste Packungseinheit verordnen.
4. In möglichst niedriger, aber ausreichender Dosierung verordnen. Dosis möglichst frühzeitig reduzieren bzw. Dosierungsintervall in Abhängigkeit von der Wirkungsdauer vergrößern.
5. Therapiedauer vor Behandlungsbeginn mit dem Patienten vereinbaren und Behandlungsnotwendigkeit in kurzen Zeitabständen überprüfen.
Es gibt Abhängigkeit auch ohne Dosissteigerung sowie die sogenannte ,,Niedrigdosis-Abhängigkeit‘‘!
6. Innerhalb der Therapiedauer möglichst frühzeitig schrittweise Dosisreduktion (Ausschleichen) bzw. Vergrößerung des Dosierungsintervalls,um Entzugssymptome, wie z. B. Unruhe, Angst, Schlafstörungen, delirante Syndrome oder Krampfanfälle zu vermeiden.
7. Aufklärung des Patienten, dass Benzodiazepine keinesfalls an Dritte weiterzugeben sind.
8. Verordnungen von Benzodiazepinen sollten vom Arzt stets eigenhändig ausgestellt und dem Patienten persönlich ausgehändigt werden.
9. Beachtung der Fach- und Gebrauchsinformation sowie der einschlägigen wissenschaftlichen Veröffentlichungen.
10. Alle Abhängigkeitsfälle über die jeweiligen Arzneimittelkommissionen der Kammern der Heilberufe dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte zur Kenntnis bringen.