5. PHARMAKOLOGISCHE EIGENSCHAFTEN
5.1 Pharmakodynamische Eigenschaften
Pharmakotherapeutische Gruppe: Antibiotika zur systemischen Anwendung; Makrolide.
ATC-Code: J01FA10
Azithromycin ist ein Makrolidantibiotikum der Azalidgruppe.
Das Molekül wird durch Addition eines Stickstoffatoms in den Laktonring von Erythromycin A dargestellt. Die chemische Bezeichnung von Azithromycin ist 9-Desoxy-9a-aza-9a-methyl-9a-homo-Erythromycin A. Das Molekulargewicht beträgt 749.0.
Wirkmechanismus
Der Wirkmechanismus von Azithromycin basiert auf der Hemmung der bakteriellen Proteinsynthese durch Bindung an die 50S ribosomale Untereinheit, was eine Translokation der Peptidketten verhindert.
(Kreuz-)Resistenz
Generell wird die Resistenz verschiedener Bakterienspezies drei verschiedenen Mechanismen zugeschrieben: Veränderung der ribosomalen Bindungsstelle, Antibiotika-Modifikation oder veränderter Antibiotika Transport aus der Zelle (Efflux). Dieser Efflux-Mechanismus bei Streptokokken ist mef-Gen-codiert und resultiert in einer Resistenz, die auf Makrolide beschränkt ist (M-Phänotyp). Die Veränderung der ribosomalen Bindungsstelle wird durch die erm-Gen-codierte Methylase verursacht.
Es besteht eine vollständige Kreuzresistenz zwischen Erythromycin, Azithromycin, anderen Makroliden und Lincosamiden für Streptococcus pneumoniae, beta-hämolysierende Streptokokken der Gruppe A, Enterococcus spp. und Staphylococcus aureus einschließlich Methicillin-resistente S. aureus (MRSA).
Penicillin-empfindliche S. pneumoniae sind eher empfindlich gegenüber Azithromycin als Penicillin-resistente Stämme von S. pneumoniae. Methicillinresistente S. aureus (MRSA) sind eher unempfindlich gegenüber Azithromycin als Methicillin-empfindliche S. aureus (MSSA).
Das Auslösen einer deutlichen Resistenz sowohl, in vitro als auch in vivo, beträgt nach 9 Expositionen gegenüber der aktiven Substanz ≤ 1 Verdünnungsschritt der MICs (minimale Hemmkonzentration) für S. pyogenes, H. influenzae und Enterobacterien, sowie drei Verdünnungsschritte für S. aureus. Die Entwicklung einer Resistenz aufgrund von Mutationen ist in vitro selten.
Grenzwerte (Breakpoints)
Grenzwerte der Azithromycin-Empfindlichkeit typischer bakterieller Erreger:
EUCAST (European Committee on Antimicrobial Susceptibility Testing) Breakpoints (2021, v. 11.0):
Erreger | sensibel [mg/l] | resistent [mg/l] |
Staphylococcus spp.1 | ≤ 1 | > 2 |
Streptococcus spp. (Gruppen A, B, C und G)1 | ≤ 0,25 | > 0,5 |
Streptococcus pneumonia e 1 | ≤ 0,25 | > 0,5 |
Haemophilus influenzae | Note2 | Note2 |
Moraxella catarrhalis | ≤ 0,25 | > 0,5 |
Neisseria gonorrhoeae | Note3 | Note3 |
1 Erythromycin kann als Testsubstanz zum Nachweis der Empfindlichkeit gegenüber Azithromycin verwendet werden.
2 Die klinische Evidenz für die Wirksamkeit von Makroliden bei H
. influenzae-Atemwegsinfektionen ist aufgrund der hohen Spontanheilungsraten widersprüchlich. Sollte ein Makrolid gegen diese Spezies getestet werden müssen, sollten die epidemiologischen Cut-Off-Werte (ECOFFs) verwendet werden, um Stämme mit erworbener Resistenz nachzuweisen. Der ECOFF für Azithromycin beträgt 4 mg/l.
3 Azithromycin wird stets in Kombination mit einem anderen wirksamen Antibiotikum verwendet. Für Testzwecke zum Nachweis erworbener Resistenzmechanismen beträgt der ECOFF 1 mg/l.
EmpfindlichkeitDie Prävalenz der erworbenen Resistenz einzelner Spezies kann örtlich und im Verlauf der Zeit variieren. Deshalb sind – insbesondere für die Behandlung schwerer Infektionen – lokale Infektionen zur Resistenzsituation wünschenswert. Sollte auf Grund der lokalen Prävalenz der Resistenz der Nutzen des Mittels zumindest bei einigen Infektionen in Frage gestellt sein, sollte eine Beratung durch Experten angestrebt werden.
Spezies, die auf Grund erworbener Resistenzen problematisch sein können: die Prävalenz der Resistenz liegt in mindestens einem Land der Europäischen Union bei 10 % oder höher.
Die folgenden Angaben entsprechen den europäisch harmonisierten Daten. Die Daten zur aktuellen Resistenzsituation für Azithromycin in Deutschland finden Sie als weitere Angabe am Ende dieser Fachinformation.
Tabelle: Antibakterielles Spektrum von Azithromycin* Resistenz größer 50 %
Kinder und JugendlicheAufgrund der Bewertung von Studien, die bei Kindern durchgeführt wurden, wird die Anwendung von Azithromycin zur Behandlung von Malaria sowohl als Monotherapie als auch in Kombination mit Arzneimitteln, die auf Chloroquin oder Artemisinin basieren - nicht empfohlen, weil die Nicht-Unterlegenheit gegenüber Antimalariamitteln, die zur Behandlung von unkomplizierter Malaria empfohlen werden, nicht nachgewiesen werden konnte.
5.2 Pharmakokinetische Eigenschaften
Resorption
Nach oraler Anwendung beträgt die Bioverfügbarkeit von Azithromycin ca. 37 %. Die maximale Plasmakonzentration wird nach 2-3 Stunden erreicht.
Verteilung
Oral angewendet verteilt sich Azithromycin breitflächig im gesamten Organismus. Pharmakokinetische Untersuchungen zeigten höhere Azithromycin-Konzentrationen in den Geweben (bis zum 50-Fachen der beobachteten maximalen Plasmakonzentration) als im Plasma ergeben. Dies lässt darauf schließen, dass die Substanz im Gewebe stark gebunden wird (Steady-state-Verteilungsvolumen: ca. 31 l/kg). Die mittlere beobachtete maximale Konzentration (Cmax) nach einer Einzeldosis von 500 mg beträgt 2-3 Stunden nach der Anwendung etwa 0,4 μg/ml. Bei empfohlener Dosierung kommt es zu keiner Akkumulation im Serum/Plasma. Zu einer Akkumulation kommt es in den Geweben, in denen die Konzentration sehr viel höher ist als im Serum/Plasma. Drei Tage nach der Anwendung von 500 mg, entweder als Einzeldosis oder auf mehrere Dosen verteilt, wurden Konzentrationen von 1,3-4,8 μg/g, 0,6-2,3 μg/g, 2,0-2,8 μg/g und 0-0,3 μg/ml sowohl in der Lunge, der Prostata, den Tonsillen und dem Serum gefunden.
Die durchschnittlichen Spitzenkonzentrationen, die in den peripheren Leukozyten gemessen wurden, liegen höher als die MHK90 der häufigsten Krankheitserreger.
In experimentellen In-vitro- und In-vivo-Studien reichert sich Azithromycin in Phagozyten an. Die Freisetzung wird durch aktive Phagozytose stimuliert. In Tiermodellen schien dieser Prozess zur Akkumulation von Azithromycin im Gewebe beizutragen.
Der Bindung von Azithromycin an Plasmaproteine schwankt und variiert je nach Serumkonzentration zwischen 52 % bei 0,005 μg/ml und 18 % bei 0,5 μg/ml.
Biotransformation und Elimination
Die terminale Plasma-Eliminationshalbwertszeit entspricht der Eliminationshalbwertszeit aus dem Gewebe von 2 bis 4 Tagen. Bei älteren Patienten (> 65 Jahren), wurden nach 5-tägiger Therapie durchweg höhere (um 29 %) AUC-Werte beobachtet als bei jüngeren Personen (< 45 Jahren). Diese Unterschiede erscheinen jedoch klinisch nicht relevant zu sein; daher wird eine Dosisanpassung nicht für erforderlich gehalten. Ungefähr 12 % der intravenös verabreichten Dosis wird in unveränderter Form über einen Zeitraum von 3 Tagen im Urin ausgeschieden; die größte Menge dabei innerhalb der ersten 24 Stunden.
Zwei Tage nach fünftägiger Behandlungsdauer wurden in der menschlichen Galle Konzentrationen von bis zu 237 μg/ml Azithromycin zusammen mit 10 Metaboliten (gebildet durch N- und O-Demethylierung, durch Hydroxylierung der Desosamin- und Aglykonringe und durch Abspaltung des Cladinosekonjugats) gefunden. Ein Vergleich zwischen HPLC und mikrobiologischen Bestimmungsmethoden legt nahe, dass die Metaboliten für die mikrobiologische Wirkung von Azithromycin keine Rolle spielen.
Pharmakokinetik bei speziellen Patientengruppen
Nierenfunktionsstörung
Im Vergleich zu Patienten mit normaler Nierenfunktion (Glomeruläre Filtrationsrate (GFR > 80 ml/min), stiegen bei Patienten mit geringgradiger bis mäßiger Niereninsuffizienz (GFR von 10-80 ml/min) nach einer einmaligen oralen Anwendung von 1 g Azithromycin, die Spitzenkonzentrationen Cmax und AUC0-120 um 5,1 % bzw. 4,2 %. Bei Patienten mit schwerer Niereninsuffizienz (GFR < 10 ml/min), stieg im Vergleich zur normalen Nierenfunktion die Spitzenkonzentration Cmax und AUC0-120 um 61 % bzw. 35 %.
Leberfunktionsstörung
Bei Patienten mit geringgradigen bis mäßigen Leberfunktionsstörungen gibt es keine Anhaltspunkte für eine veränderte Serum-Pharmakokinetik von Azithromycin im Vergleich zu Patienten mit normaler Leberfunktion. Bei diesen Patienten scheint sich die Ausscheidung von Azithromycin im Harn zu erhöhen, u. U. um die verminderte Ausscheidung über die Leber zu kompensieren.
Ältere Patienten
Die Pharmakokinetik bei älteren Männern war ähnlich zu der von jungen Erwachsenen; bei älteren Frauen trat keine signifikante Akkumulation auf, obwohl höhere Spitzenkonzentrationen gemessen wurden (Anstieg von 30-50 %).
Kinder und Jugendliche
Die Pharmakokinetik wurde bei Kindern mit einem Alter von 4 Monaten bis 15 Jahren untersucht, indem sie Kapseln, Granulat oder Suspension einnahmen. Bei einer Dosis von 10 mg/kg KG an Tag 1, gefolgt von 5 mg/kg an Tag 2–5, ist die gemessene maximale Plasmakonzentration Cmax mit 224 μg/l bei Kindern im Alter von 0,6–5 Jahren leicht geringer als bei Erwachsenen. Bei Kindern im Alter von 6-15 Jahren betrug die maximale Plasmakonzentration Cmax 383 μg/l, gemessen nach dreitägiger Dosierung. Mit 36 Stunden lag die Halbwertszeit t1⁄2 bei älteren Kindern innerhalb der auch für Erwachsene zu erwartenden Spanne.
5.3 Präklinische Daten zur Sicherheit
In Tierstudien in denen das 40-Fache der klinischen therapeutischen Dosis verabreicht wurde, wurde belegt, dass Azithromycin reversible Phospholipidosen verursachen kann; daraus ergaben sich jedoch keine damit in Verbindung stehenden toxikologischen Konsequenzen. Die Relevanz dieser Ergebnisse für die Anwendung von Azithromycin in therapeutischen Dosierungen beim Menschen ist unklar.
Elektrophysiologische Untersuchungen zeigten, dass Azithromycin das QT-Intervall verlängert.
Karzinogenes Potential
Langzeituntersuchungen an Tieren zur Bewertung des karzinogenen Potentials wurden nicht durchgeführt.
Mutagenes Potential
In-vivo und In-vitro-Testmodelle zeigten keinen Hinweis auf mögliche Gen- oder Chromosomenmutationen.
Reproduktionstoxizität
Nach oraler Verabreichung von Azithromycin an Ratten wurden keine teratogenen Effekte in Embryotoxizitätsstudien beobachtet.
Bei Ratten verursachten Dosen von 100 und 200 mg Azithromycin/kg Körpergewicht/Tag leichte Verzögerungen der fetalen Ossifikation und der mütterlichen Körpergewichtszunahme. In der Peri- und Postnatalstudie wurden bei Ratten leichte Retardierungen bei Dosierungen von 50 mg Azithromycin/kg KG/Tag und mehr beobachtet.
6. PHARMAZEUTISCHE ANGABEN
6.1 Liste der sonstigen Bestandteile
Tablettenkern
Calciumhydrogenphosphat
Hypromellose
Maisstärke
Vorverkleisterte Stärke (Mais)
Mikrokristalline Cellulose
Magnesiumstearat (Ph.Eur.)
Natriumdodecylsulfat
Filmüberzug
Hypromellose
Farbstoff Indigocarmin-Aluminiumsalz (E 132) (nur 500 mg Filmtabletten)
Titandioxid (E 171)
Polysorbat 80
Talkum
6.2 Inkompatibilitäten
Nicht zutreffend
6.3 Dauer der Haltbarkeit
3 Jahre
6.4 Besondere Vorsichtsmaßnahmen für die Aufbewahrung
Für dieses Arzneimittel sind keine besonderen Lagerungsbedingungen erforderlich.
6.5 Art und Inhalt des Behältnisses
PVC/Aluminium-Blister
AZI-TEVA® 250 mg Filmtabletten
Packung mit 6 Filmtabletten.
AZI-TEVA® 500 mg Filmtabletten
Packung mit 3 Filmtabletten.
6.6 Besondere Vorsichtsmaßnahmen für die Beseitigung
Keine besonderen Anforderungen.
7. INHABER DER ZULASSUNGEN
TEVA GmbH
Graf-Arco-Str. 3
89079 Ulm
8. ZULASSUNGSNUMMERN
AZI-TEVA® 250 mg Filmtabletten
63513.00.00
AZI-TEVA® 500 mg Filmtabletten
63514.00.00
9. DATUM DER ERTEILUNG DER ZULASSUNGEN/DATUM DER VERLÄNGERUNG DER ZULASSUNGEN
Datum der Erteilung der Zulassung: 4. Januar 2006
Datum der letzten Verlängerung der Zulassung: 23. Oktober 2009
10. STAND DER INFORMATION
Juni 2023
11. VERKAUFSABGRENZUNG
Verschreibungspflichtig
Die aktuellen Resistenzdaten für Deutschland (Stand: April 2023) finden Sie in der folgenden Tabelle:
Prävalenz der erworbenen Resistenz in Deutschland auf der Basis von Daten der letzten 5 Jahre aus nationalen Resistenzüberwachungsprojekten und –studien:
° Bei Veröffentlichung der Tabellen lagen keine aktuellen Daten vor. In der Primärliteratur, Standardwerken und Therapieempfehlungen wird von einer Empfindlichkeit ausgegangen.
+ In mindestens einer Region liegt die Resistenzrate bei über 50 %.
Ω Bei Isolaten invasiver Erkrankungen liegt die Resistenzrate unter 10 %.
≈ In mindestens einer Region liegt die Resistenzrate bei über 10 %.