2. QUALITATIVE UND QUANTITATIVE ZUSAMMENSETZUNG
1 Hartkapsel, retardiert, enthält 10 mg / 30 mg / 60 mg / 100 mg Morphinsulfat entsprechend 7,5 mg / 22,6 mg / 45,1 mg / 75,2 mg Morphin.
Sonstiger Bestandteil mit bekannter Wirkung:
1 Hartkapsel Capros 10 mg / 30 mg / 60 mg / 100 mg enthält 8,9 mg / 26,7 mg / 53,3 mg / 88,8 mg Sucrose.
Vollständige Auflistung der sonstigen Bestandteile siehe Abschnitt 6.1.
3. DARREICHUNGSFORM
Hartkapsel, retardiert
Capros 10 mg Hartkapseln, retardiert, sind undurchsichtig dunkelgelb mit dem Aufdruck „Capros 10 mg“ auf der Kapselhülle.
Capros 30 mg Hartkapseln, retardiert, sind hellblau mit dem Aufdruck „Capros 30 mg“ auf der Kapselhülle.
Capros 60 mg Hartkapseln, retardiert, sind durchsichtig farblos mit dem Aufdruck „Capros 60 mg“ auf der Kapselhülle.
Capros 100 mg Hartkapseln, retardiert, sind undurchsichtig weiß mit dem Aufdruck „Capros 100 mg“ auf der Kapselhülle.
4. KLINISCHE ANGABEN
4.1 Anwendungsgebiete
Starke und stärkste Schmerzen.
4.2 Dosierung und Art der Anwendung
Behandlungsziele und Absetzen der Behandlung
Vor Beginn der Behandlung mit Capros 10 / 30 / 60 / 100 mg sollte eine Behandlungsstrategie, einschließlich Behandlungsdauer und Behandlungszielen sowie ein Plan für das Behandlungsende gemeinsam mit dem Patienten und in Übereinstimmung mit den Leitlinien zum Schmerzmanagement vereinbart werden. Während der Behandlung sollte ein häufiger Kontakt zwischen Arzt und Patient stattfinden, um die Notwendigkeit einer Fortsetzung der Behandlung zu beurteilen, die Beendigung der Behandlung in Erwägung zu ziehen und die Dosis bei Bedarf anzupassen. Wenn ein Patient die Behandlung mit Capros 10 / 30 / 60 / 100 mg nicht mehr benötigt, kann es ratsam sein, die Dosis schrittweise zu reduzieren, um Entzugserscheinungen zu vermeiden. Bei fehlender adäquater Schmerzkontrolle sollte die Möglichkeit einer Hyperalgesie, einer Gewöhnung (Toleranz) und einer Progression der zugrundeliegenden Erkrankung in Erwägung gezogen werden (siehe Abschnitt 4.4).
Dosierung
Initial wird die Behandlung mit einem nicht retardierten Morphin (Tablette oder Lösung) begonnen, um diejenige Dosis zu ermitteln, mit der eine angemessene Schmerzkontrolle erzielt wird. Danach wird der Patient auf die entsprechende Tagesdosis Capros 10 / 30 / 60 / 100 mg umgestellt. Weiter bestehende Schmerzen (Durchbruchschmerzen) sind mit einer unretardierten Darreichungsform von Morphin (Tablette oder Lösung) zu behandeln. Retardiertes Morphin wird in der Regel in einem 12-Stunden-Intervall eingenommen. Dabei hängt die Dosierung von der Schwere der Schmerzen sowie vom Alter des Patienten und dessen bisherigem Analgetikabedarf ab.
Erwachsene und Jugendliche ab 12 Jahren:
- 1 Hartkapsel, retardiert Capros 10 mg 2-mal täglich (entsprechend 15 mg Morphin/Tag).
- 1 Hartkapsel, retardiert Capros 30 mg 2-mal täglich (entsprechend 45 mg Morphin/Tag).
- 1 Hartkapsel, retardiert Capros 60 mg 2-mal täglich (entsprechend 90 mg Morphin/Tag).
- 1 Hartkapsel, retardiert Capros 100 mg 2-mal täglich (entsprechend 150 mg Morphin/Tag).
Leber- oder Nierenfunktionsstörungen
Bei Patienten mit Leber- oder Nierenfunktionsstörungen sowie bei Verdacht auf verzögerte Magen-Darm-Passage soll Capros 10 / 30 / 60 / 100 mg besonders vorsichtig dosiert werden.
Ältere Patienten
Patienten im höheren Lebensalter (im Regelfall ab 75 Jahren) und Patienten mit schlechtem körperlichem Allgemeinzustand können empfindlicher auf Morphin reagieren. Daher ist darauf zu achten, dass die Dosiseinstellung vorsichtiger erfolgt und / oder längere Dosisintervalle zu wählen sind. Ggf. ist auf geringere Wirkstoffstärken auszuweichen.
Kinder
Für Kinder unter 12 Jahren ist Capros 100 mg im Allgemeinen nicht geeignet, da der Wirkstoffgehalt zu hoch ist.
Darüber hinaus liegen zur Anwendung von Dosisstärken mit weniger als 100 mg Morphin bei Kindern unter 12 Jahren keine ausreichend dokumentierten Erfahrungen vor.
Besondere Hinweise zur Dosiseinstellung:
Zur ersten Dosiseinstellung sollten schnell freisetzende Morphinzubereitungen genutzt werden. Für eine Neueinstellung der Dosis kommen ggf. Darreichungsformen mit geringerem Wirkstoffgehalt zur Anwendung, eventuell auch zusätzlich zu einer bestehenden Therapie mit Retardtabletten. Patienten, die von einer parenteralen Morphintherapie auf Morphin Retardtabletten umgestellt werden, müssen unter Berücksichtigung der individuell unterschiedlichen Empfindlichkeit vorsichtig behandelt werden, d.h. der Tagesbedarf darf nicht überschätzt werden.
Patienten mit schweren Schmerzen sollten im Regelfall mit 10 – 30 mg Morphinsulfat / Morphinhydrochlorid alle 12 Stunden beginnen, wobei Patienten mit geringem Körpergewicht (< 70 kg KG) eine niedrige Initialdosis benötigen.
Bei sich verstärkender Schmerzsymptomatik ist eine höhere Morphindosis erforderlich. Individuell optimal eingestellt ist die Dosierung dann, wenn ohne Nebenwirkungen, bzw. wenn diese zu vertreten sind, für die Dauer von 12 Stunden Schmerzlinderung erzielt wird.
Grundsätzlich sollte eine ausreichend hohe Dosis gegeben werden und gleichzeitig die im Einzelfall kleinste schmerzlindernd wirksame Dosis angestrebt werden.
Bei der Behandlung chronischer Schmerzen ist der Dosierung nach einem festen Zeitplan der Vorzug zu geben.
Bei Patienten, die einer anderen zusätzlichen Schmerztherapie (z. B. Operation, Plexusblockade) unterzogen werden, ist nach der Maßnahme die Dosis neu einzustellen.
Art der Anwendung
Die Hartkapseln, retardiert, sind unzerkaut, unzerkleinert und ungeteilt mit ausreichend Flüssigkeit - unabhängig von den Mahlzeiten - einzunehmen, wobei sich die Einnahme morgens und abends empfiehlt. Bei allen Patienten, die die Kapsel nicht schlucken können, kann der Inhalt der geöffneten Kapsel mit einer kleinen Menge Joghurt, Apfelmus, Marmelade eingerührt oder über Sonden (Durchmesser ≥ 16 FG) verabreicht werden. Die Mischung sollte spätestens 30 Minuten nach der Zubereitung gefolgt von 30 – 50 ml Wasser gegeben werden. Die Kügelchen selbst dürfen nicht gekaut oder zerdrückt werden. Der Mund sollte ausgespült werden, um sicher zu sein, dass der gesamte Kapselinhalt geschluckt worden ist.
Behandlungsdauer
Capros 10°/ 30°/ 60°/ 100°mg sollte nicht länger als notwendig angewendet werden. Über die Dauer der Behandlung entscheidet der Arzt in Abhängigkeit von den Schmerzbeschwerden. Wenn entsprechend Art und Schwere der Erkrankung eine länger dauernde Schmerzbehandlung mit Capros 10 / 30 / 60 / 100 mg erforderlich erscheint, sollte eine sorgfältige und in kurzen Abständen regelmäßige Überprüfung erfolgen (ggf. durch Anwendungspausen), ob und inwieweit ein medizinisches Erfordernis weiter besteht. Gegebenenfalls ist auf geeignetere Darreichungsformen auszuweichen. Bei chronischen Schmerzzuständen ist einem festen Dosierungsschema der Vorzug zu geben.
4.3 Gegenanzeigen- Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der in Abschnitt 6.1 genannten sonstigen Bestandteile
- Ileus
- akutes Abdomen
4.4 Besondere Warnhinweise und Vorsichtsmaßnahmen für die Anwendung
Eine besonders sorgfältige ärztliche Überwachung und ggf. Dosisreduktion ist erforderlich bei:
- Abhängigkeit von Opioiden,
- Bewusstseinsstörungen,
- Krankheitszuständen, bei denen eine Störung des Atemzentrums und der Atemfunktion vorliegt oder vermieden werden muss,
- Cor pulmonale,
- Zuständen mit erhöhtem Hirndruck, wenn nicht eine Beatmung durchgeführt wird,
- Hypotension bei Hypovolämie,
- Prostatahyperplasie mit Restharnbildung (Gefahr der Blasenruptur durch Harnverhalten),
- Harnwegsverengungen oder Koliken der Harnwege,
- Gallenwegserkrankungen,
- obstruktiven und entzündlichen Darmerkrankungen,
- Phäochromozytom,
- Pankreatitis,
- Beeinträchtigung der Nierenfunktion,
- Beeinträchtigung der Leberfunktion,
- Hypothyreose,
- epileptischen Anfallsleiden oder erhöhter Neigung zu Krampfanfällen.
Schlafbezogene Atemstörungen
Opioide können schlafbezogene Atemstörungen, einschließlich zentraler Schlafapnoe und schlafbezogener Hypoxämie, verursachen. Die Anwendung von Opioiden geht mit einer dosisabhängigen Erhöhung des Risikos für eine zentrale Schlafapnoe einher. Bei Patienten mit zentraler Schlafapnoe sollte eine Reduzierung der Gesamtopioiddosis in Betracht gezogen werden.
Schwere arzneimittelinduzierte Hautreaktionen
In Verbindung mit Morphinbehandlung wurde über akute generalisierte exanthematische Pustulose (AGEP), die lebensbedrohlich oder tödlich sein kann, berichtet. Die meisten dieser Reaktionen traten innerhalb der ersten 10 Behandlungstage auf. Die Patienten sollten über die Anzeichen und Symptome von AGEP informiert und darauf hingewiesen werden, medizinische Hilfe in Anspruch zu nehmen, falls bei ihnen solche Symptome auftreten. Falls Anzeichen und Symptome auftreten, die auf diese Hautreaktionen hinweisen, sollte Morphin abgesetzt und eine alternative Behandlung in Betracht gezogen werden.
Akutes Thorax-Syndrom (ATS) bei Patienten mit Sichelzellkrankheit (SZK)
Aufgrund eines möglichen Zusammenhangs zwischen ATS und der Anwendung von Morphin bei SZK-Patienten, die während einer vasookklusiven Krise mit Morphin behandelt werden, ist eine engmaschige Überwachung auf ATS-Symptome angezeigt.
Leber- und Gallenerkrankungen
Morphin kann eine Funktionsstörung und einen Spasmus des Sphincter Oddi verursachen, wodurch der intrabiliäre Druck zunimmt und das Risiko für Gallenwegsymptome und Pankreatitis steigt.
Verminderte Spiegel von Sexualhormonen und erhöhte Prolaktin-Konzentrationen
Die Langzeitanwendung von Opioidanalgetika kann mit verminderten Spiegeln von Sexualhormonen und erhöhten Prolaktin-Konzentrationen einhergehen. Zu den Symptomen zählen verminderte Libido, Impotenz oder Amenorrhö.
Insbesondere bei hohen Dosen kann Hyperalgesie auftreten, die nicht auf eine weitere Erhöhung der Morphindosis anspricht. Eine Reduzierung der Morphindosis oder eine Umstellung des Opioids kann erforderlich sein.
Risiko durch gleichzeitige Anwendung von Sedativa wie Benzodiazepinen oder verwandten Arzneimitteln
Die gleichzeitige Anwendung von Capros 10 / 30 / 60 / 100 mg und Sedativa wie Benzodiazepinen oder verwandten Arzneimitteln kann zu Sedierung, Atemdepression, Koma und Tod führen. Aufgrund dieser Risiken sollte eine gleichzeitige Verordnung mit diesen Sedativa Patienten vorbehalten sein, für die keine alternativen Behandlungsoptionen infrage kommen. Wenn die Entscheidung getroffen wird, Capros 10 / 30 / 60 / 100 mg gleichzeitig mit Sedativa zu verordnen, sollte die niedrigste wirksame Dosis angewendet werden und die Behandlungsdauer so kurz wie möglich sein. Die Patienten sind engmaschig auf Anzeichen und Symptome einer Atemdepression und Sedierung zu überwachen. Diesbezüglich wird dringend empfohlen, Patienten und ihre Betreuungspersonen anzuweisen, auf diese Symptome zu achten (siehe Abschnitt 4.5).
Die Morphin-Plasmakonzentrationen können durch Rifampicin reduziert werden. Die analgetische Wirkung von Morphin sollte während und nach der Behandlung mit Rifampicin überwacht und die Dosierungen von Morphin angepasst werden.
Thrombozytenhemmung mit oralen P2Y12-Inhibitoren
Eine verminderte Wirksamkeit der P2Y12-Inhibitor-Therapie wurde innerhalb des ersten Tages einer gemeinsamen Behandlung mit P2Y12-Inhibitoren und Morphin festgestellt (siehe Abschnitt 4.5).
Um die Retardierung der in den Kapseln enthaltenen Granula nicht zu beeinträchtigen, müssen die Kapseln bzw. ihr Inhalt als Ganzes geschluckt werden und dürfen nicht zerteilt, zerkaut oder zerrieben werden. Die Anwendung zerteilter, zerkauter oder zerriebener Granula führt zu einer schnellen Wirkstofffreisetzung und zur Resorption einer möglicherweise letalen Dosis von Morphin (siehe Abschnitt 4.9).
Capros 10 / 30 / 60 / 100 mg ist nur für den oralen Gebrauch bestimmt. Eine missbräuchliche parenterale Verabreichung von Capros 10 / 30 / 60 / 100 mg kann wegen der sonstigen Bestandteile zu schwerwiegenden, potentiell letalen unerwünschten Ereignissen (z. B. Lungengranulomen) führen.
Eine Atemdepression ist die bedeutsamste Gefährdung einer Opioidüberdosierung.
Bei gleichzeitiger Einnahme von Alkohol und Capros 10 / 30 / 60 / 100 mg können vermehrt Nebenwirkungen von Capros 10 / 30 / 60 / 100 mg auftreten. Die gleichzeitige Einnahme sollte vermieden werden.
Morphin hat ein Missbrauchspotenzial, das mit dem anderer starker Opioidagonisten vergleichbar ist, und sollte bei Patienten mit Alkohol- oder Drogenmissbrauch in der Anamnese mit besonderer Vorsicht angewendet werden.
Opioidgebrauchsstörung
(Missbrauch und Abhängigkeit)
Bei wiederholter Anwendung von Opioiden wie Capros 10°/ 30°/ 60°/ 100°mg können sich eine Toleranz und eine körperliche und/oder psychische Abhängigkeit entwickeln.
Die wiederholte Anwendung von Capros 10 / 30 / 60 / 100 mg kann zu einer Opioidgebrauchsstörung (Opioid use disorder, OUD) führen. Eine höhere Dosis und längere Dauer der Opioidbehandlung kann das Risiko erhöhen, eine Opioidgebrauchsstörung zu entwickeln. Durch Missbrauch oder absichtliche Falschanwendung von Capros 10 / 30 / 60 / 100 mg kann es zu einer Überdosierung und/oder zum Tod kommen. Das Risiko, eine Opioidgebrauchsstörung zu entwickeln, ist bei Patienten mit einer Substanzgebrauchsstörung (einschließlich Alkoholgebrauchsstörung) in der persönlichen oder familiären Vorgeschichte (Eltern oder Geschwister), bei Rauchern oder bei Patienten mit anderen psychischen Erkrankungen in der persönlichen Vorgeschichte (z. B. Major Depression, Angststörungen und Persönlichkeitsstörungen) erhöht.
Vor Beginn der Behandlung mit Capros 10 / 30 / 60 / 100 mg und während der Behandlung sollten die Behandlungsziele und ein Plan für die Beendigung der Behandlung mit dem Patienten vereinbart werden (siehe Abschnitt 4.2). Vor und während der Behandlung sollte der Patient außerdem über die Risiken und Anzeichen einer Opioidgebrauchsstörung aufgeklärt werden. Den Patienten sollte geraten werden, sich bei Auftreten dieser Anzeichen mit ihrem Arzt in Verbindung zu setzen.
Die Patienten müssen auf Anzeichen eines Suchtverhaltens (drug-seeking behaviour) überwacht werden (z. B. zu frühe Nachfrage nach Folgerezepten). Hierzu gehört auch die Überprüfung der gleichzeitigen Anwendung von Opioiden und psychoaktiven Arzneimitteln (wie Benzodiazepine). Bei Patienten Capros 60 mg Hartkapsel, retardiert Capros 100 mg Hartkapsel, retardiert mit Anzeichen und Symptomen einer Opioidgebrauchsstörung sollte die Konsultation eines Suchtspezialisten in Betracht gezogen werden.
Capros 10 / 30 / 60 / 100 mg wird präoperativ und innerhalb 24 Stunden postoperativ wegen des gegenüber Nichtoperierten in der postoperativen Phase höheren Risikos eines Ileus oder einer Atemdepression nicht empfohlen.
Aufgrund der analgetischen Wirkung von Morphin können schwerwiegende intraabdominelle Komplikationen wie eine Darmperforation maskiert werden.
Nebenniereninsuffizienz
Opioidanalgetika können eine reversible Nebenniereninsuffizienz verursachen, die eine Überwachung und eine Ersatztherapie mit Glukokortikoiden erfordert. Symptome einer Nebenniereninsuffizienz können z. B. Übelkeit, Erbrechen, Appetitverlust, Erschöpfung, Schwäche, Schwindelgefühl oder niedriger Blutdruck sein.
Bei bestehender Nebennierenrindeninsuffizienz (z. B. Morbus Addison) sollte die Plasmakortisolkonzentration kontrolliert und gegebenenfalls Kortikoide substituiert werden.
Obstipation tritt unter einer Morphinbehandlung sehr häufig auf. Liegen schon vor Beginn der Einnahme von Capros 10 / 30 / 60 / 100 mg Probleme mit dem Stuhlgang vor, sollte von Anfang an ein Abführmittel eingenommen werden.
Wegen der mutagenen Eigenschaften von Morphin sollte dieser Wirkstoff Männern und Frauen im zeugungs- bzw. gebärfähigen Alter nur dann verabreicht werden, wenn eine wirksame Verhütung sichergestellt ist (siehe Abschnitt 4.6).
Die Anwendung von Capros 10 / 30 / 60 / 100 mg kann bei Dopingkontrollen zu positiven Ergebnissen führen.
Patienten mit der seltenen hereditären Fructose-Intoleranz, Glucose-Galactose-Malabsorption oder Saccharase-Isomaltase-Mangel sollten Capros 10 / 30 / 60 / 100 mg nicht einnehmen.
4.5 Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln und sonstige Wechselwirkungen
Folgende Wechselwirkungen dieses Arzneimittels müssen beachtet werden:
Sedativa und andere zentral dämpfend wirkende Arzneimittel
Morphin sollte mit Vorsicht bei Patienten angewendet werden, die gleichzeitig andere das Zentralnervensystem dämpfende Mittel, einschließlich Sedativa oder Hypnotika, Allgemeinanästhetika, Phenothiazinen, anderer Beruhigungsmittel, Muskelrelaxanzien, Antihypertensiva, Gabapentin oder Pregabalin und Alkohol, erhalten. Wechselwirkungen, die zu Atemdepression, Hypotonie, starker Sedierung oder Koma führen, können auftreten, wenn diese Arzneimittel in Kombination mit den üblichen Dosen von Morphin angewendet werden.
Alkohol kann die pharmakodynamischen Effekte von Capros 10 / 30 / 60 / 100 mg verstärken. Die gleichzeitige Einnahme sollte vermieden werden (siehe Abschnitt 4.4).
Arzneimittel mit anticholinerger Wirkung (z. B. Psychopharmaka, Antihistaminika, Antiemetika, Arzneimittel bei Morbus Parkinson) können anticholinerge Nebenwirkungen von Opioiden verstärken (z. B. Obstipation, Mundtrockenheit oder Störungen beim Wasserlassen).
Durch Cimetidin und andere den Leberstoffwechsel belastende Arzneimittel können durch Hemmung des Abbaus erhöhte Plasmakonzentrationen von Morphin auftreten.
Durch Morphin kann die Wirkung von Muskelrelaxantien verstärkt werden.
Bei Vorbehandlung von Patienten mit bestimmten Antidepressiva (MAO-Hemmstoffen) innerhalb der letzten 14 Tage vor der Opioid-Anwendung sind lebensbedrohende Wechselwirkungen auf Zentralnervensystem, Atmungs- und Kreislauffunktion mit Pethidin beobachtet worden. Dies ist auch mit Morphin nicht auszuschließen.
Bei gleichzeitiger Anwendung von Rifampicin kann es zu einer Abschwächung der Morphinwirkung kommen.
Bei Patienten mit akutem Koronarsyndrom, die mit Morphin behandelt wurden, wurde eine verzögerte und verringerte Exposition gegenüber oralen P2Y12-Inhibitoren zur Thrombozytenhemmung beobachtet. Diese Wechselwirkung könnte mit einer verminderten gastrointestinalen Motilität zusammenhängen und besteht auch bei anderen Opioiden. Die klinische Relevanz ist nicht bekannt, aber Daten zeigen das Potenzial für eine verminderte Wirksamkeit von P2Y12-Inhibitoren bei Patienten, denen Morphin und ein P2Y12-Inhibitor gleichzeitig verabreicht wurde (siehe Abschnitt 4.4). Bei Patienten mit akutem Koronarsyndrom, bei denen auf den Einsatz von Morphin nicht verzichtet werden kann und eine schnelle P2Y12-Hemmung als entscheidend erachtet wird, kann der Einsatz eines parenteralen P2Y12-Inhibitors erwogen werden.
4.6 Fertilität, Schwangerschaft und Stillzeit
Fertilität
In tierexperimentellen Studien wurde gezeigt, dass Morphin die Fertilität reduzieren kann (siehe Abschnitt 5.3 Präklinische Daten zur Sicherheit).
Schwangerschaft
Beim Menschen liegen keine ausreichenden Daten vor, die die Bewertung eines möglichen teratogenen Risikos erlauben würden. Über einen möglichen Zusammenhang mit einer erhöhten Häufigkeit von Leistenbrüchen wurde berichtet.
Morphin passiert die Plazentaschranke.
Untersuchungen an Tieren zeigten ein Schädigungspotenzial für die Nachkommen während der gesamten Dauer der Trächtigkeit (siehe Abschnitt 5.3). Morphin darf daher in der Schwangerschaft nur angewendet werden, wenn der Nutzen für die Mutter das Risiko für das Kind klar überwiegt. Wegen der mutagenen
Eigenschaften von Morphin sollte es Männern und Frauen im zeugungs- und gebärfähigen Alter nur dann verabreicht werden, wenn eine wirksame Verhütung sichergestellt ist.
Neugeborene, deren Mütter während der Schwangerschaft Opioidanalgetika erhalten haben, sollten auf Anzeichen eines neonatalen Entzugs (Abstinenzsyndrom) überwacht werden. Die Behandlung kann ein Opioid und unterstützende Behandlung umfassen.
Entbindung
Morphin kann die Dauer der Wehentätigkeit verlängern oder verkürzen. Neugeborene, deren Mütter während der Entbindung Opioidanalgetika erhalten, sollten auf Anzeichen einer Atemdepression oder eines Entzugssyndroms überwacht und gegebenenfalls mit einem spezifischen Opioidantagonisten behandelt werden.
Stillzeit
Morphin wird in die Muttermilch ausgeschieden und erreicht dort höhere Konzentrationen als im mütterlichen Plasma. Da beim Säugling klinisch relevante Konzentrationen erreicht werden können, ist vom Stillen abzuraten.
4.7 Auswirkungen auf die Verkehrstüchtigkeit und die Fähigkeit zum Bedienen von Maschinen
Morphin kann Aufmerksamkeit und Reaktionsvermögen so weit verändern, dass die Fähigkeit zur aktiven Teilnahme am Straßenverkehr oder zum Bedienen von Maschinen beeinträchtigt oder nicht mehr gegeben ist.
Dies ist insbesondere bei Behandlungsbeginn, Dosiserhöhung und Präparatewechsel sowie im Zusammenwirken mit Alkohol oder der Einnahme von Beruhigungsmitteln zu erwarten.
Die Beurteilung der jeweils individuellen Situation ist durch den behandelnden Arzt vorzunehmen. Bei einer stabilen Therapie ist ein generelles Fahrverbot nicht zwingend erforderlich.
4.8 Nebenwirkungen
Bei der Bewertung von Nebenwirkungen werden folgende Häufigkeitsangaben zugrunde gelegt:
Sehr häufig ≥1/10
Häufig ≥1/100 bis <1/10
Gelegentlich ≥1/1.000 bis <1/100
Selten ≥1/10.000 bis <1/1.000
Sehr selten <1/10.000
Nicht bekannt Häufigkeit auf Grundlage der verfügbaren Daten nicht abschätzbar
Erkrankungen des Immunsystems
Häufigkeit: Nicht bekannt Anaphylaktische oder anaphylaktoide Reaktionen
Endokrine Erkrankungen
Häufigkeit: Sehr selten
Syndrom der inadäquaten ADH-Sekretion (SIADH; Leitsymptom: Hyponatriämie)
Psychiatrische Erkrankungen
Häufigkeit: Sehr häufig
Stimmungsveränderungen, meist Euphorie aber auch Dysphorie
Häufigkeit: Häufig
Veränderungen der Aktiviertheit (meist Dämpfung, aber auch Steigerung oder Erregungszustände), Schlaflosigkeit und Veränderungen der kognitiven und sensorischen Leistungsfähigkeit (z. B. Denkstörungen, Wahrnehmungsstörungen / Halluzinationen, Verwirrtheit)
Häufigkeit: Sehr selten
Abhängigkeit (siehe auch Abschnitt 4.4), Verminderung der Libido oder Potenzschwäche. Erkrankungen des Nervensystems
Häufigkeit: Häufig
Kopfschmerzen, Schwindel
Häufigkeit: Sehr selten
Tremor, unwillkürliches Muskelzucken, epileptische Krampfanfälle, Hyperalgesie oder Allodynie (dosisabhängig) (siehe Abschnitt 4.4)
Häufigkeit: Nicht bekannt Sedierung von leichter Müdigkeit bis zur Benommenheit (dosisabhängig), Hyperhidrose
Augenerkrankungen
Häufigkeit: Sehr häufig
Pupillenverengung
Häufigkeit: Sehr selten
Verschwommenes Sehen, Doppeltsehen und Augenzittern
Herzerkrankungen
Klinisch bedeutsamer Abfall als auch Anstieg von Blutdruck und Herzfrequenz
Häufigkeit: Nicht bekannt
Gesichtsrötungen, Herzklopfen, allgemeine Schwäche bis hin zum Ohnmachtsanfall, Herzversagen
Erkrankungen der Atemwege, des Brustraums und Mediastinums
Häufigkeit: Selten
Bronchospasmen
Häufigkeit: Sehr selten
Dyspnoe
Häufigkeit: Nicht bekannt
Atemdämpfung (dosisabhängig), nicht-kardiogen bedingte Lungenödeme (bei intensivmedizinisch behandelten Patienten), zentrales Schlafapnoe-Syndrom
Erkrankungen des Gastrointestinaltrakts
Häufigkeit: Sehr häufig
Verstopfung (bei Dauerbehandlung)
Häufigkeit: Häufig
Erbrechen (besonders zu Beginn der Behandlung), Appetitlosigkeit, Dyspepsie, Geschmacksveränderungen
Häufigkeit: Selten
Erhöhung der Pankreasenzyme bzw. Pankreatitis
Häufigkeit: Nicht bekannt
Spasmus des Sphincter Oddi
Erkrankungen der Haut und des Unterhautgewebes
Häufigkeit: Häufig
Schwitzen, Überempfindlichkeitsreaktionen wie Urticaria, Pruritus
Häufigkeit: Sehr selten
Andere Hautausschläge wie Exantheme und periphere Ödeme (bilden sich nach Absetzen zurück)
Häufigkeit: Nicht bekannt
Akute generalisierte exanthematische Pustulose (AGEP)
Skelettmuskulatur-, Bindegewebs- und Knochenerkrankungen
Häufigkeit: Sehr selten
Muskelkrämpfe, Muskelstarre
Erkrankungen der Nieren und Harnwege
Häufigkeit: Häufig
Störungen bei der Blasenentleerung
Häufigkeit: Selten
Nierenkoliken
Erkrankungen der Geschlechtsorgane und der Brustdrüse
Häufigkeit: Sehr selten
Amenorrhoe
Allgemeine Erkrankungen und Beschwerden am Verabreichungsort
Häufigkeit: Selten
Entzugserscheinungen (Abstinenzsyndrom)
Häufigkeit: Sehr selten
Asthenie, Unwohlsein, Schüttelfrost, Zahnveränderungen, wobei jedoch ein ursächlicher Zusammenhang zur Morphin-Therapie nicht hergestellt werden konnte
Häufigkeit: Nicht bekannt
Toleranzentwicklung
Arzneimittelabhängigkeit
Die wiederholte Anwendung von Capros 10 / 30 / 60 / 100 mg kann, auch in therapeutischen Dosen, zu einer Arzneimittelabhängigkeit führen. Das Risiko für eine Arzneimittelabhängigkeit kann je nach individuellen Risikofaktoren des Patienten, Dosierung und Dauer der Opioidbehandlung variieren (siehe Abschnitt 4.4).
Entzugserscheinungen (Abstinenzsyndrom)
Wenn die Gabe von Opioiden abrupt abgesetzt wird oder eine Gabe von Opioidantagonisten erfolgt, kann ein Abstinenzsyndrom ausgelöst werden; es kann in manchen Fällen auch zwischen den Dosen auftreten. Behandlungsempfehlungen, siehe Abschnitt 4.4.
Zu den körperlichen Entzugssymptomen gehören: Körperschmerzen, Tremor, Restless-Legs-Syndrom, Diarrhö, Bauchkolik, Übelkeit, grippeähnliche Symptome, Tachykardie und Mydriasis. Psychische Symptome sind unter anderem dysphorische Stimmung, Angst und Reizbarkeit. Arzneimittelabhängigkeit geht häufig mit „Drogenhunger“ einher.
Meldung des Verdachts auf Nebenwirkungen
Die Meldung des Verdachts auf Nebenwirkungen nach der Zulassung ist von großer Wichtigkeit. Sie ermöglicht eine kontinuierliche Überwachung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses des Arzneimittels. Angehörige der Gesundheitsberufe sind aufgefordert, jeden Verdachtsfall einer Nebenwirkung dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte, Abt. Pharmakovigilanz, Kurt-Georg-Kiesinger-Allee 3, D-53175 Bonn, Website: www.bfarm.de anzuzeigen.
4.9 Überdosierung
Symptome der Intoxikation
Da die Empfindlichkeit auf Morphin individuell stark schwankt, können Intoxikationserscheinungen beim Erwachsenen ab Einzeldosen auftreten, die einer subkutanen und intravenösen Gabe von ca. 30 mg entsprechen. Bei Karzinompatienten werden diese Werte oft überschritten, ohne gravierende Nebenwirkungen hervorzurufen. Die Opiatvergiftung äußert sich durch die Trias: Miosis, Atemdepression und Koma: Die Pupillen sind zunächst stecknadelkopfgroß. Bei starker Hypoxie dilatieren sie jedoch. Die Atmung ist stark reduziert (bis auf 2 – 4 Atemzüge pro Minute). Der Patient wird zyanotisch.
Überdosierung mit Morphin führt zu Benommenheit, Aspirationspneumonie und Stupor bis hin zum Koma. Der Blutdruck bleibt zunächst normal, fällt jedoch bei fortschreitender Intoxikation rapide ab. Anhaltender Blutdruckabfall kann in einen Schockzustand übergehen. Tachykardie, Bradykardie und Rhabdomyolyse können auftreten. Die Körpertemperatur fällt ab. Die Skelettmuskulatur wird relaxiert, gelegentlich können, insbesondere bei Kindern, generalisierte Krämpfe auftreten. Es kann zu Todesfällen aufgrund von Atemversagen oder durch Komplikationen wie pulmonales Ödem kommen.
Therapie von Intoxikationen
Bei bewusstlosen Patienten mit Atemstillstand sind Beatmung, Intubation und die intravenöse Gabe eines Opiatantagonisten (z. B. 0,4 mg Naloxon i.v.) angezeigt. Bei anhaltender Ateminsuffizienz muss die Einzeldosis 1 – 3-mal in dreiminütigen Abständen wiederholt werden, bis die Atemfrequenz normalisiert ist und der Patient auf Schmerzreize reagiert.
Strenge Überwachung (mind. 24 Stunden) ist notwendig, da die Wirkung des Opiatantagonisten kürzer ist als die des Morphins, so dass mit einem erneuten Auftreten der Ateminsuffizienz gerechnet werden muss.
Die Dosis des Opiatantagonisten beträgt bei Kindern pro Einzeldosis 0,01 mg pro kg Körpergewicht.
Ferner können Maßnahmen zum Schutz vor Wärmeverlusten und zur Volumentherapie erforderlich sein.
5. PHARMAKOLOGISCHE EIGENSCHAFTEN
5.1 Pharmakodynamische Eigenschaften
Pharmakotherapeutische Gruppe: Opioide,
ATC-Code: N02AA01
Morphin ist ein Phenantren-Alkaloid aus Schlafmohn (Papaver somniferum) mit opiatagonistischen Eigenschaften. Es zeigt eine ausgeprägte Affinität zu µ-Rezeptoren.
Zentrale Wirkungen
Morphin wirkt analgetisch, antitussiv, sedierend, tranquillisierend, atemdepressiv, miotisch, antidiuretisch, emetisch und antiemetisch (Späteffekt) und geringgradig blutdruck- und herzfrequenzsenkend.
Periphere Wirkungen
Obstipation, Kontraktion der Sphinkteren im Bereich der Gallenwege, Steigerung des Tonus der Harnblasenmuskulatur und des Blasenschließmuskels, Verzögerung der Magenentleerung durch Pyloruskonstriktion, Hautrötung, Urtikaria und Juckreiz durch Histaminfreisetzung sowie bei Asthmatikern Bronchospasmus, Beeinflussung der hypophysär-hypothalamischen Achse und damit Beeinflussung der Hormonwirkung von Kortikoiden, Sexualhormonen, Prolaktin und antidiuretischem Hormon. Eine Manifestation klinischer Symptome aufgrund dieser Hormonveränderungen kann möglich sein.
Der Wirkungseintritt nach oraler Applikation erfolgt nach 30 – 90 Minuten. Die Wirkdauer beträgt ca. 4 – 6 Stunden und ist bei retardierter Wirkstofffreisetzung erheblich verlängert.
Der Wirkungseintritt nach intramuskulärer oder subkutaner Applikation erfolgt nach 15 – 30 Minuten, nach intravenöser Gabe in wenigen Minuten. Die Wirkdauer beträgt unabhängig von diesen Applikationsarten ca. 4 – 6 Stunden. Nach epiduraler und intrathekaler Gabe sind lokal begrenzte analgetische Wirkungen bereits nach wenigen Minuten nachweisbar. Die Wirkdauer beträgt bei epiduraler Anwendung ca. 12 Stunden und geht bei intrathekaler Gabe noch darüber hinaus.
In vitro- und Tierstudien zeigen unterschiedliche Effekte natürlicher Opioide, wie Morphin, auf Komponenten des Immunsystems. Die klinische Bedeutung dieser Befunde ist nicht bekannt.
5.2 Pharmakokinetische Eigenschaften
Morphin wird nach oraler Applikation relativ rasch - vorwiegend aus dem oberen Dünndarm und geringfügig auch aus dem Magen - resorbiert. Die geringe absolute Bioverfügbarkeit (20 % – 40 %) ist auf einen ausgeprägten First-Pass-Effekt zurückzuführen.
Cmax wird nach oraler Einnahme von einer 60 mg Retardtablette (bei Probanden) nach durchschnittlich 2,3 1,1 Stunden erreicht. Morphin wird zu ca. 20 – 35 % an Plasmaproteine, bevorzugt an die Albuminfraktion, gebunden.
Das Verteilungsvolumen von Morphin wird mit 1,0 - 4,7 l/kg nach i.v. Einmalgabe von 4 - 10 mg angegeben. Hohe Gewebekonzentrationen findet man in der Leber, Niere, im Gastrointestinaltrakt und im Muskel. Morphin überwindet die Blut-Hirnschranke.
Morphin wird vorwiegend in der Leber, aber auch im Darmepithel metabolisiert. Der wesentliche Schritt ist die Glucuronidierung der phenolischen Hydroxylgruppe mittels der hepatischen UDP-Glukuronyltransferase und N-Demethylierung.
Hauptmetabolite sind vor allem Morphin-3-glucuronid und in geringerer Menge Morphin-6-glucuronid. Außerdem entstehen unter anderem Sulfatkonjugate sowie oxidative Stoffwechselprodukte wie Normorphin, Morphin-N-oxid und ein in 2-Stellung hydroxiliertes Morphin. Die Halbwertszeit der Glucuronide ist
erheblich länger als die des freien Morphins. Das Morphin-6-glucuronid ist biologisch wirksam. Es ist möglich, dass eine verlängerte Wirkung bei Patienten mit Niereninsuffizienz auf diesen Metaboliten zurückzuführen ist.
Im Harn werden nach oraler oder parenteraler Applikation ca. 80 % des verabreichten Morphins wieder gefunden (10 % unverändertes Morphin, 4 % Normorphin und 65 % als Glucuronide, davon Morphin-3-glucuronid : Morphin-6-glucuronid [10 : 1]). Die Eliminationshalbwertszeit von Morphin unterliegt großen interindividuellen Schwankungen. Sie liegt nach parenteraler Gabe durchschnittlich zwischen 1,7 und 4,5 Stunden, gelegentlich wurden auch Werte um 9 Stunden gefunden. Etwa 10 % der Morphin-Glucuronide werden über die Galle mit den Faeces ausgeschieden.
5.3 Präklinische Daten zur Sicherheit
Bei fortgesetzter Anwendung von Morphin nimmt die Empfindlichkeit des ZNS gegenüber Morphin ab. Diese Gewöhnung kann so ausgeprägt sein, dass Dosen vertragen werden, die bei erstmaliger Anwendung infolge Atemdepression toxisch wirken. Aufgrund der euphorischen Wirkungskomponente des Morphins besteht Suchtgefahr (siehe auch Abschnitt 4.4).
Es liegen zur Mutagenität klar positive Befunde vor, die darauf hindeuten, dass Morphin klastogen wirkt und eine solche Wirkung auch auf Keimzellen ausübt. Bei männlichen Ratten wurde über reduzierte Fertilität und Chromosomenschäden in Keimzellen berichtet. Daher ist Morphin als mutagen wirksame Substanz anzusehen; eine derartige Wirkung muss auch im Menschen angenommen werden. Morphin sollte nur unter sicherem Konzeptionsschutz eingenommen werden. Langzeituntersuchungen am Tier auf ein tumorerzeugendes Potential von Morphin liegen nicht vor. Untersuchungen an Tieren zeigten ein Schädigungspotenzial für die Nachkommen während der gesamten Dauer der Trächtigkeit (ZNS-Missbildungen, Wachstumsretardierung, Testisatrophie, Veränderungen bei Neurotransmittersystemen und Verhaltensweisen, Abhängigkeit). Daneben hatte Morphin bei verschiedenen Tierspezies Auswirkungen auf das männliche Sexualverhalten und die weibliche Fertilität.
5.4 Bioverfügbarkeit
Eine im Jahre 1989 durchgeführte vergleichende Bioverfügbarkeitsuntersuchung (bei Mehrfachapplikation) an 25 Krebspatienten ergab im Vergleich zum Referenzpräparat (Sirup):
maximale Plasmakonzentration Cmax [ng/ml]
Testpräparat 48,13 ± 30,67
Referenzpräparat 49,52 ± 28,38
Zeitpunkt der maximalen Plasmakonzentration (tmax)h:
Testpräparat 3,60 ± 1,95
Referenzpräparat 2,70 ± 2,67
Fläche unter der Konzentrations-Zeit-Kurve (AUC 0 - 12 h) [ng h/ml]
Testpräparat 323,2 ± 201,7
Referenzpräparat 308,4 ± 203,8
Angabe der Werte als Mittelwerte und Streubreite.
Mittlere Plasmaspiegelverläufe im Vergleich zu einem Referenzpräparat in einem Konzentrations-Zeit-Diagramm:
6. PHARMAZEUTISCHE ANGABEN
6.1 Liste der sonstigen Bestandteile
Maisstärke, Macrogol 4000, Ethylcellulose, Natriumdodecylsulfat, Hexadecan-1-ol, Dibutyldecandioat, Talkum, Sucrose, Gelatine, Farbstoffe:
Capros 10 mg: E 104, E 127, E 132, E 171
Capros 30 mg: E 132, E 171
Capros 60 mg: E 132, E 171
Capros 100 mg: E 132, E 171
6.2 Inkompatibilitäten
Nicht zutreffend.
6.3 Dauer der Haltbarkeit
3 Jahre.
In der Originalpackung aufbewahren, um den Inhalt vor Feuchtigkeit zu schützen.
6.4 Besondere Vorsichtsmaßnahmen für die Aufbewahrung
Nicht über 25 °C lagern.
6.5 Art und Inhalt des Behältnisses
Packungen mit
20 Hartkapseln, retardiert
50 Hartkapseln, retardiert
100 Hartkapseln, retardiert
100 Hartkapseln, retardiert
(Klinikpackung)
6.6 Besondere Vorsichtsmaßnahmen für die BeseitigungKeine besonderen Anforderungen.
7. INHABER DER ZULASSUNG
Ethypharm SAS
194, bureaux de la Colline – Bâtiment D
92213 Saint-Cloud cedex
Frankreich
Tel.: +33 (0)1 41 12 17 20
Fax: +33 (0)1 41 12 17 30
Mitvertrieb
ETHYPHARM GmbH
Mittelstraße 5/5a
12529 Schönefeld
Deutschland
Tel.: +49 (0) 30 634 99 393
Fax: +49 (0) 30 634 99 395
8. ZULASSUNGSNUMMERN
30177.00.00
30177.01.00
30177.02.00
30177.03.00
9. DATUM DER ERTEILUNG DER ZULASSUNG/VERLÄNGERUNG DER ZULASSUNG
25.03.1993 / 17.03.2006
10. STAND DER INFORMATION
Januar 2024
11. VERSCHREIBUNGSSTATUS/APOTHEKENPFLICHT
Verschreibungspflichtig entsprechend der Betäubungsmittelverschreibungsverordnung.