5. PHARMAKOLOGISCHE EIGENSCHAFTEN
5.1 Pharmakodynamische Eigenschaften
Pharmakotherapeutische Gruppe: Antipsychotika; Diazepin, Oxazepin und Thiazepin
ATC-Code: N05A H04
Wirkmechanismus
Quetiapin ist eine atypische antipsychotisch wirksame Substanz. Quetiapin und der aktive menschliche Plasmametabolit N-Desalkylquetiapin interagieren mit einem breiten Spektrum von Neurotransmitterrezeptoren. Quetiapin und N-Desalkylquetiapin besitzen Affinität zu zerebralen serotonergen (5HT2)- und dopaminergen D1- und D2-Rezeptoren. Es wird angenommen, dass diese Kombination eines Rezeptorantagonismus mit höherer Selektivität für 5HT2- verglichen mit D2-Rezeptoren für die klinischen antipsychotischen Eigenschaften und das gering ausgeprägte extrapyramidale Nebenwirkungsprofil (EPS) von Quetiapin im Vergleich zu typischen Antipsychotika mitverantwortlich ist. Quetiapin und N-Desalkylquetiapin haben keine nennenswerte Affinität zu Benzodiazepinrezeptoren, aber eine hohe Affinität zu histaminergen und alpha-1-adrenergen Rezeptoren und eine weniger ausgeprägte Affinität zu alpha-2-adrenergen Rezeptoren. Quetiapin hat zudem eine niedrige oder keine Affinität zu muskarinischen Rezeptoren, während N-Desalkylquetiapin eine mäßige bis hohe Affinität zu mehreren Muskarin-Rezeptoren hat, die möglicherweise der Grund für die anticholinergen (muskarinischen) Wirkungen ist. Eine NET-Blockade und eine partielle agonistische Wirkung der 5HT1A-Rezeptoren durch N-Desalkylquetiapin könnten zur therapeutischen Wirksamkeit von Quetiapin als Antidepressivum beisteuern.
Pharmakodynamische Wirkungen
Quetiapin hat sich in Tests auf antipsychotische Aktivität als aktiv erwiesen, beispielsweise in konditionierten Vermeidungstests. Es hemmt auch die Wirkung von Dopaminagonisten, die entweder am Verhalten oder elektrophysiologisch gemessen wird, und erhöht die Konzentrationen von Dopaminmetaboliten, wobei es sich um einen neurochemischen Index für die D2-Rezeptorblockade handelt.
In präklinischen Tests mit Vorhersagefunktion für extrapyramidale Symptome (EPS) unterscheidet sich Quetiapin von typischen Antipsychotika und zeigt ein atypisches Profil. Quetiapin verursacht nach chronischer Anwendung keine Dopamin-D2-Rezeptor-Überempfindlichkeit. Quetiapin induziert in wirksamen Dopamin-D2-Rezeptor hemmenden Dosen nur eine schwache Katalepsie. Quetiapin zeigt eine Selektivität hinsichtlich des limbischen Systems, indem es nach chronischer Anwendung eine Depolarisierungsblockade der mesolimbischen, nicht aber der nigrostriatalen dopaminhaltigen Neuronen auslöst. Quetiapin induzierte bei Haloperidol-sensibilisierten bzw. therapienaiven Cebusaffen nach akuter und chronischer Anwendung nur eine minimale Dystonie (siehe Abschnitt 4.8).
Klinische Wirksamkeit
Schizophrenie
In drei placebokontrollierten klinischen Studien an Schizophreniepatienten mit verschiedenen Quetiapin-Dosen waren im Hinblick auf die Häufigkeit von EPS bzw. die zusätzliche Anwendung von Anticholinergika keine Unterschiede zwischen der Quetiapin- und der Placebo-Gruppe zu verzeichnen. Eine placebokontrollierte Studie, in der Quetiapin-Festdosen zwischen 75 mg und 750 mg/Tag beurteilt wurden, ergab keine Hinweise auf eine Zunahme von EPS bzw. Zunahme der gleichzeitigen Anwendung von Anticholinergika. Die Wirksamkeit der Langzeitbehandlung von Quetiapin zur Prävention von Rückfällen bei Schizophrenie wurde nicht in klinischen Blindstudien überprüft. In offenen Studien mit schizophrenen Patienten blieb die Wirksamkeit von Quetiapin bei Patienten, die anfänglich auf die Therapie angesprochen hatten, bei der Fortsetzung der Therapie erhalten, was auf eine Wirksamkeit der Langzeitbehandlung hindeutet.
Bipolare Störungen
In vier placebokontrollierten klinischen Studien zur Beurteilung von Quetiapin-Dosen bis zu 800 mg/Tag in der Behandlung von mäßigen bis schweren manischen Episoden, davon jeweils zwei Studien zur Monotherapie bzw. Kombinationstherapie mit Lithium oder Natriumvalproat, waren hinsichtlich der Inzidenz von EPS bzw. der zusätzlichen Anwendung von Anticholinergika keine Unterschiede zwischen der Quetiapin- und der Placebogruppe zu verzeichnen.
Quetiapin zeigte im Rahmen zweier Monotherapie-Studien zur Behandlung von mäßigen bis schweren manischen Episoden nach 3 und 12 Wochen eine bessere Wirksamkeit in der Verminderung von manischen Symptomen als Placebo. Es liegen keine Daten aus Langzeitstudien vor, welche die Wirksamkeit von Quetiapin in der Vorbeugung nachfolgender manischer oder depressiver Episoden belegen. Die Datenlage zu Quetiapin in Kombination mit Natriumvalproat oder Lithium bei akuten mäßigen bis schweren manischen Episoden nach 3 und 6 Wochen ist begrenzt; die Kombinationstherapie wurde jedoch gut vertragen. Die Daten zeigten einen additiven Effekt in Woche 3. In einer zweiten Studie wurde in Woche 6 kein additiver Effekt verzeichnet.
Die durchschnittliche Dosis in der letzten Woche belief sich bei Respondern auf rund 600 mg/Tag, und etwa 85 % der Responder wurden mit Dosen in einem Bereich von 400 mg und 800 mg/Tag behandelt.
In vier klinischen Studien mit einer Dauer von 8 Wochen an Patienten mit mäßigen bis schweren depressiven Episoden bei bipolarer Störung I oder II hat sich unretardiertes Quetiapin in einer Dosis von 300 mg und 600 mg im Hinblick auf relevante Outcome-Parameter gegenüber Placebo als signifikant überlegen erwiesen: hinsichtlich der mittleren Verbesserung auf der MADRS sowie in Bezug auf das Ansprechen, definiert als Verbesserung des Gesamtwertes des MADRS um mindestens 50 % gegenüber Baseline. Zwischen Patienten, die 300 mg bzw. 600 mg unretardiertes Quetiapin erhielten, war kein Unterschied hinsichtlich der Größenordnung des Effekts zu beobachten.
Bei zwei von diesen Studien hat sich in der Fortsetzungsphase gezeigt, dass eine Langzeitbehandlung bei Patienten, die auf 300 mg bzw. 600 mg unretardiertes Quetiapin angesprochen hatten, im Vergleich mit Placebo im Fall depressiver Symptome, nicht aber im Fall manischer Symptome wirksam war.
In zwei Studien an Patienten mit manischen, depressiven oder gemischten Episoden zur Rückfallprävention mit Quetiapin in Kombination mit Stimmungsstabilisatoren hat sich die Kombination mit Quetiapin gegenüber einer Monotherapie mit Stimmungsstabilisatoren im Hinblick auf die Verlängerung der Zeit bis zum Wiederauftreten einer Episode mit Stimmungsstörungen (manisch, gemischt oder depressiv) als überlegen erwiesen. Quetiapin wurde 2-mal täglich mit einer Tagesgesamtdosis von 400-800 mg in Kombination mit Lithium oder Valproat angewendet.
In einer 6-wöchigen, randomisierten Studie mit Lithium und Quetiapin Retardtabletten versus Placebo und Quetiapin Retardtabletten mit erwachsenen Patienten mit akuter Manie betrug die Differenz der mittleren Verbesserung des YMRS-Wertes (Young Mania Rating Scale) zwischen der Lithium-Add-on-Gruppe und der Placebo-Add-on-Gruppe 2,8 Punkte. Die Differenz des prozentualen Anteils der Responder (definiert als 50%ige Verbesserung in Bezug auf den YMRS-Ausgangswert) betrug 11 % (79 % in der Lithium-Add-on-Gruppe versus 68 % in der Placebo-Add-on-Gruppe).
In einer Langzeitstudie (bis zu 2 Jahren Behandlungsdauer) zur Bewertung der Rückfallprävention bei Patienten mit manischen, depressiven oder gemischten Episoden war die Behandlung mit Quetiapin der Placebo-Behandlung überlegen, da sich unter Quetiapin die Zeit bis zum Wiederauftreten einer akuten Episode (manisch, gemischt oder depressiv) bei Patienten mit bipolaren Störungen des Typ I verlängerte. Die Zahl der Patienten mit erneuten Episoden betrug 91 (22,5 %) in der Gruppe mit Quetiapin-Behandlung, 208 (51,5 %) in der Placebo-Gruppe und 95 Patienten (26,1 %) in der Gruppe mit Lithium-Behandlung. Bei Patienten, die auf Quetiapin ansprachen, zeigten die Ergebnisse, dass ein Wechsel der Behandlung auf Lithium im Vergleich zu fortgesetzter Quetiapin-Behandlung nicht mit einer Verlängerung der Zeit bis zum Wiederauftreten eines Stimmungsereignisses verbunden zu sein scheint.
Klinische Studien haben ergeben, dass Quetiapin bei Schizophrenie und Manie wirksam ist, wenn es 2-mal täglich angewendet wird, obwohl die pharmakokinetische Halbwertszeit von Quetiapin bei etwa 7 Stunden liegt. Hierfür sprechen außerdem Daten aus einer Positronen-Emissionstomographie-(PET)Studie, in der sich gezeigt hat, dass die 5HT2- und D2-Rezeptorbesetzung unter Quetiapin über einen Zeitraum von bis zu 12 Stunden aufrechterhalten wird. Die Sicherheit und Wirksamkeit von Dosen über 800 mg/Tag wurden nicht ermittelt.
Klinische Sicherheit
In placebokontrollierten klinischen Kurzzeitstudien zur Behandlung der Schizophrenie und bipolaren Manie war die Gesamtinzidenz extrapyramidaler Symptome ähnlich wie unter Placebo (Schizophrenie: 7,8 % für Quetiapin und 8,0 % für Placebo; bipolare Manie: 11,2 % für Quetiapin und 11,4 % für Placebo). Höhere Raten für extrapyramidale Symptome waren unter Quetiapin im Vergleich zu Placebo bei Patienten in placebokontrollierten Kurzzeitstudien zur Behandlung von depressiven Erkrankungen (Episoden einer Major Depression) und bipolarer Depression zu beobachten.
In placebokontrollierten Kurzzeitstudien zur Behandlung der bipolaren Depression betrug die Gesamthäufigkeit extrapyramidaler Symptome 8,9 % für Quetiapin verglichen mit 3,8 % für Placebo. In placebokontrollierten Monotherapie-Kurzzeitstudien zu depressiven Erkrankungen (Episoden einer Major Depression) betrug die Gesamthäufigkeit extrapyramidaler Symptome 5,4 % bei Quetiapin Retardtabletten und 3,2 % bei Placebo. In einer placebokontrollierten Kurzzeit-Monotherapiestudie bei älteren Patienten mit depressiven Erkrankungen (Episoden einer Major Depression) betrug die Gesamthäufigkeit extrapyramidaler Symptome 9,0 % für Quetiapin Retardtabletten und 2,3 % für Placebo. Bei bipolarer Depression und Episoden einer Major Depression (MDD), betrug die Häufigkeit der einzelnen unerwünschten Ereignisse (z. B. Akathisie, extrapyramidale Störungen, Tremor, Dyskinesie, Dystonie, Ruhelosigkeit, unwillkürliche Muskelkontraktionen, psychomotorische Hyperaktivität und Muskelsteifheit) in keiner Behandlungsgruppe über 4 %.
In placebokontrollierten Kurzzeitstudien (von 3-8 Wochen) mit fixer Dosierung (50-800 mg täglich) schwankte die mittlere Gewichtszunahme bei Patienten unter Quetiapin zwischen 0,8 kg bei einer Tagesdosis von 50 mg und 1,4 kg bei einer Tagesdosis von 600 mg (mit geringerer Zunahme bei einer Tagesdosis von 800 mg), verglichen mit 0,2 kg bei Patienten unter Placebo-Behandlung. Der prozentuale Anteil der mit Quetiapin behandelten Patienten deren Körpergewicht um ≥ 7 % angestiegen war, schwankte zwischen 5,3 % bei einer Tagesdosis von 50 mg bis 15,5 % bei einer Tagesdosis von 400 mg (mit geringerer Gewichtszunahme bei Tagesdosen von 600 mg und 800 mg), verglichen mit 3,7 % bei Patienten unter Placebo-Behandlung.
Eine 6-wöchige, randomisierte Studie mit Lithium und Quetiapin Retardtabletten versus Placebo und Quetiapin Retardtabletten bei erwachsenen Patienten mit akuter Manie hat gezeigt, dass die Kombination von Quetiapin Retardtabletten mit Lithium zu einem vermehrten Auftreten von Nebenwirkungen führt (63 % versus 48 % bei Quetiapin Retardtabletten in Kombination mit Placebo). Die Sicherheitsergebnisse zeigten eine erhöhte Inzidenz von extrapyramidalen Symptomen, die bei 16,8 % der Patienten in der Lithium-Add-on-Gruppe und bei 6,6 % in der Placebo-Add-on-Gruppe beobachtet wurden. Dabei traten mehrheitlich Fälle von Tremor auf, die bei 15,6 % der Patienten in der Lithium-Add-on-Gruppe und bei 4,9 % in der Placebo-Add-on-Gruppe beobachtet wurden. Die Inzidenz von Somnolenz war in der Gruppe erhöht, die Quetiapin Retardtabletten zusammen mit Lithium als Add-on erhielten (12,7 %), im Vergleich zur Gruppe, die Quetiapin Retardtabletten zusammen mit Placebo als Add-on (5,5 %) erhielten. Weiterhin war der prozentuale Anteil von Patienten, bei denen am Ende der Behandlung eine Gewichtszunahme (≥ 7 %) festgestellt wurde, in der Lithium-Add-on-Gruppe (8,0 %) im Vergleich zu den Patienten in der Placebo-Add-on-Gruppe (4,7 %) erhöht.
Langzeitstudien zur Rückfallprävention hatten eine unverblindete Phase (über 4-36 Wochen), in der die Patienten mit Quetiapin behandelt wurden, gefolgt von einer verblindeten Phase, in der die Patienten auf Quetiapin oder Placebo randomisiert wurden. Bei Patienten unter Quetiapin betrug die mittlere Gewichtszunahme während der offenen Phase 2,56 kg, und bis zu Woche 48 der verblindeten Phase betrug die mittlere Gewichtszunahme 3,22 kg, verglichen mit dem Ausgangswert der unverblindeten Phase. Bei Patienten unter Placebo betrug die mittlere Gewichtszunahme während der offenen Phase 2,39 kg, und bis Woche 48 der verblindeten Phase betrug die mittlere Gewichtszunahme 0,89 kg im Vergleich zum Ausgangswert der unverblindeten Phase.
In placebokontrollierten Studien bei älteren Patienten mit Demenz-assoziierter Psychose lag bei Patienten unter Gabe von Quetiapin die Auftrittshäufigkeit von zerebrovaskulären Nebenwirkungen pro 100 Patientenjahren nicht höher als bei Patienten unter Placebo.
In allen placebokontrollierten Monotherapie-Kurzzeitstudien mit Patienten mit einem Ausgangswert von ≥ 1,5×109/l neutrophile Granulozyten trat bei 1,9 % der Patienten, die mit Quetiapin behandelt wurden, wenigstens ein Ereignis mit einer Abnahme auf einen Wert < 1,5×109/l für neutrophile Granulozyten auf, im Vergleich zu 1,5 % bei Patienten unter Placebo. Die Inzidenz für das Auftreten einer Abnahme auf einen Wert von > 0,5 bis < 1,0×109/l war bei Patienten, die mit Quetiapin behandelt wurden, und bei Patienten unter Placebo gleich (0,2 %). In allen klinischen Studien (placebokontrolliert, offen, mit aktivem Vergleichspräparat; Patienten mit einem Ausgangswert für neutrophile Granulozyten ≥ 1,5×109/l) lag die Inzidenz für das Auftreten von wenigstens einem Ereignis mit einer Abnahme der neutrophilen Granulozyten auf einen Wert kleiner 1,5×109/l bei 2,9 % und auf einen Wert kleiner 0,5×109/l bei 0,21 % bei Patienten unter Quetiapin-Behandlung.
Die Behandlung mit Quetiapin war von einer dosisabhängigen Senkung der Schilddrüsenhormonspiegel begleitet. Die Inzidenz für das Auftreten einer Abnahme des Thyreotropins TSH betrug 3,2 % für Quetiapin im Vergleich zu 2,7 % für Placebo. In diesen Studien war die Inzidenz für das Auftreten von reziproken, potenziell klinisch signifikanten Änderungen des T3 oder T4 und des Thyreotropins selten. Die beobachteten Änderungen der Schilddrüsenhormonspiegel waren nicht assoziiert mit einer klinisch symptomatischen Hypothyreose. Die Verringerung des Gesamt- und freien T4 erreichte in den ersten sechs Wochen der Behandlung mit Quetiapin ihr Maximum, ohne dass es während der Langzeitbehandlung zu einer weiteren Abnahme kam. In ungefähr 2⁄3 aller Fälle waren die Veränderungen des Gesamt- und freien T4 nach Beendigung der Behandlung mit Quetiapin unabhängig von der Behandlungsdauer reversibel.
Katarakte/Linsentrübungen
In einer klinischen Prüfung zur Bewertung des kataraktogenen Potenzials von Quetiapin (200-800 mg/Tag) versus Risperidon (2-8 mg/Tag) bei Patienten mit Schizophrenie oder schizoaffektiver Störung lag nach mindestens 21 Monaten der Behandlung der Prozentsatz der Patienten mit erhöhtem Ausprägungsgrad einer Linsentrübung unter Quetiapin (4 %) nicht höher als im Vergleich zu Risperidon (10 %).
Kinder und Jugendliche
Klinische Wirksamkeit
Die Wirksamkeit und Sicherheit von Quetiapin wurde in einer 3-wöchigen placebokontrollierten Studie zur Behandlung der Manie untersucht (n=284 Patienten aus den USA, Alter 10-17 Jahre). Bei ungefähr 45 % der Patienten lag zusätzlich die Diagnose ADHS vor. Zusätzlich wurde eine 6-wöchige placebokontrollierte Studie zur Behandlung der Schizophrenie durchgeführt (n=222 Patienten im Alter von 13-17 Jahren). In beiden Studien waren Patienten ausgeschlossen, die bekanntermaßen nicht auf Quetiapin ansprachen. Die Behandlung wurde mit 50 mg Quetiapin/Tag begonnen und ab dem 2. Tag auf 100 mg/Tag erhöht; danach erfolgte Titration auf die jeweilige Zieldosis (Manie 400-600 mg/Tag; Schizophrenie 400-800 mg/Tag), jeweils in Schritten von 100 mg/Tag bei 2- oder 3-mal täglicher Verabreichung.
In der Maniestudie betrug die Differenz der mittleren Veränderung gegenüber den Ausgangwerten im YMRS-Gesamtscore (Wirkstoff minus Placebo) -5,21 für Quetiapin 400 mg/Tag und -6,56 für Quetiapin 600 mg/Tag. Die jeweilige Responderrate (YMRS-Verbesserung ≥ 50 %) betrug 64 % bei Quetiapin 400 mg/Tag, 58 % bei 600 mg/Tag und 37 % im Placeboarm.
In der Schizophreniestudie betrug die Differenz der mittleren Veränderung gegenüber den Ausgangswerten im PANSS-Gesamtscore (Wirkstoff minus Placebo) -8.16 für Quetiapin 400 mg/Tag und -9.29 für Quetiapin 800 mg/Tag. Hinsichtlich des Anteils der Patienten, bei denen ein Ansprechen auf die Therapie erreicht wurde, war bei Behandlung mit Quetiapin weder die niedrige Dosis (400 mg/Tag) noch das hohe Dosisschema (800 mg/Tag) gegenüber Placebo überlegen. Ein Ansprechen auf die Therapie wurde als Verringerung des PANSS-Gesamtscore um ≥ 30 % gegenüber dem Ausgangswert definiert. Sowohl bei der Manie als auch bei der Schizophrenie führten höhere Dosen zu zahlenmäßig geringeren Ansprechraten.
In einer dritten placebokontrollierten Kurzzeitstudie mit Quetiapin Retardtabletten als Monotherapie bei Kindern und Jugendlichen (10-17 Jahre) mit bipolarer Depression wurde die Wirksamkeit nicht belegt.
Es liegen in dieser Altersgruppe keine Daten über die Aufrechterhaltung der Wirksamkeit oder zur Rezidivprophylaxe vor.
Klinische Sicherheit
In den oben beschriebenen pädiatrischen Kurzzeitstudien mit Quetiapin betrug die Häufigkeit von EPS im aktiven Arm versus Placebo 12,9 % versus 5,3 % in der Studie zu Schizophrenie, 3,6 % versus 1,1 % in der Studie zu bipolarer Manie und 1,1 % versus 0 % in der Studie zu bipolarer Depression. Die Häufigkeit der Gewichtszunahme von ≥ 7 % gegenüber dem Basalwert des Körpergewichtes im aktiven Arm versus Placebo betrug 17 % versus 2,5 % in den Studien zu Schizophrenie und bipolarer Manie und 13,7 % versus 6,8 % in der Studie zu bipolarer Depression. Die Häufigkeit Suizid-bezogener Ereignisse betrug im aktiven Arm 1,4 % versus Placebo 1,3 % in der Studie zu Schizophrenie, 1,0 % versus 0 % in der Studie zu bipolarer Manie und 1,1 % versus 0 % in der Studie zu bipolarer Depression. Während der verlängerten Nachbeobachtungsphase der Studie zu bipolarer Depression traten zwei weitere Suizid-bezogene Ereignisse bei zwei Patienten auf, wobei einer der Patienten zur Zeit des Ereignisses mit Quetiapin behandelt worden ist.
Langzeitsicherheit
Zusätzliche Daten zur Sicherheit lieferte eine 26-wöchige nicht verblindete Verlängerungsphase zu den Akutstudien (n=380 Patienten), während der Quetiapin flexibel in Dosen von 400-800 mg/Tag eingesetzt wurde. Bei Kindern und Jugendlichen wurde über eine Erhöhung des Blutdrucks berichtet. Appetitzunahme, extrapyramidale Symptome und Erhöhungen des Serumprolaktins wurden bei Kindern und Jugendlichen mit einer größeren Häufigkeit angegeben als bei erwachsenen Patienten (siehe Abschnitte 4.4 und 4.8). In Bezug auf die Gewichtszunahme war eine Zunahme um mindestens die Hälfte der Standardabweichung gegenüber dem Basalwert des Body Mass Index (BMI) das Maß für eine klinisch signifikante Veränderung, wobei die Gewichtszunahme auf normales Wachstum über einen längeren Zeitraum adjustiert wurde; 18,3 % der Patienten, die mindestens 26 Wochen lang mit Quetiapin behandelt wurden, erfüllten dieses Kriterium.
5.2 Pharmakokinetische Eigenschaften
Resorption
Quetiapin wird nach oraler Anwendung gut resorbiert und umfassend metabolisiert. Die Bioverfügbarkeit von Quetiapin wird bei Einnahme zu den Mahlzeiten nicht wesentlich beeinflusst. Die molare Spitzenkonzentration des aktiven Metaboliten N-Desalkylquetiapin im Steady State beträgt 35 % der Konzentration von Quetiapin. Die Pharmakokinetik von Quetiapin und N-Desalkylquetiapin verhält sich innerhalb des zugelassenen Dosisbereichs linear.
Verteilung
Die Plasmaproteinbindung von Quetiapin beläuft sich auf etwa 83 %.
Biotransformation
Quetiapin wird umfassend in der Leber metabolisiert, wobei die Muttersubstanz nach der Anwendung von radiomarkiertem Quetiapin weniger als 5 % der unveränderten vom Arzneimittel stammenden Substanzen in Urin und Fäzes ausmacht.
Mit In-vitro-Untersuchungen wurde nachgewiesen, dass das Enzym CYP3A4 hauptsächlich für den Metabolismus von Quetiapin über das Cytochrom-P-450-System verantwortlich ist. N-Desalkylquetiapin wird primär über CYP3A4 gebildet und eliminiert.
Etwa 73 % der Radioaktivität werden im Urin und 21 % in den Fäzes ausgeschieden.
Quetiapin und mehrere seiner Metaboliten (einschließlich N-Desalkylquetiapin) haben sich als schwache Inhibitoren der humanen Cytochrom-P450-1A2-, -2C9-, -2C19-, -2D6- und -3A4-Aktivität in vitro erwiesen. Eine CYP-Hemmung in vitro wird nur in Konzentrationen beobachtet, die etwa um den Faktor 5 bis 50 höher sind als jene, die in einem Dosisbereich von 300-800 mg/Tag beim Menschen beobachtet werden. Angesichts dieser In-vitro-Ergebnisse dürfte eine gleichzeitige Anwendung von Quetiapin und anderen Arzneimitteln nicht zu einer klinisch bedeutsamen Hemmung des Cytochrom-P450-vermittelten Metabolismus des anderen Arzneimittels führen. Tierversuchsstudien deuten darauf hin, dass Quetiapin Cytochrom-P450-Enzyme induzieren kann. In einer speziellen Wechselwirkungsstudie an psychotischen Patienten war nach Anwendung von Quetiapin jedoch keine Zunahme der Cytochrom-P450-Aktivität zu verzeichnen.
Elimination
Die Eliminationshalbwertszeiten betragen für Quetiapin annähernd 7 Stunden und für N-Desalkylquetiapin ca. 12 Stunden. Die mittlere molare Dosisfraktion von freiem Quetiapin und dem aktiven menschlichen Plasmametaboliten N-Desalkylquetiapin beträgt < 5 % im ausgeschiedenen Urin.
Besondere Patientengruppen
Geschlecht
Bei Männern und Frauen bestehen keine Unterschiede hinsichtlich der Pharmakokinetik von Quetiapin.
Ältere Patienten
Die durchschnittliche Clearance von Quetiapin liegt bei älteren Menschen um 30-50 % unter derjenigen von Erwachsenen im Alter von 18-65 Jahren.
Eingeschränkte Nierenfunktion
Die mittlere Plasma-Clearance von Quetiapin war bei Patienten mit schweren Nierenfunktionsstörungen (Kreatinin-Clearance < 30 ml/min/1,73 m2) um etwa 25 % herabgesetzt, die individuellen Werte der Clearance bewegen sich jedoch innerhalb des Bereichs von gesunden Personen.
Eingeschränkte Leberfunktion
Die mittlere Plasmaclearance von Quetiapin ist bei Personen mit eingeschränkter Leberfunktion (stabile alkoholbedingte Zirrhose) um annähernd 25 % reduziert. Nachdem Quetiapin extensiv in der Leber metabolisiert wird, kann bei Patienten mit eingeschränkter Leberfunktion ein erhöhter Plasmaspiegel erwartet werden, so dass bei ihnen eine Dosisanpassung erforderlich sein kann (siehe Abschnitt 4.2).
Kinder und Jugendliche
Bei 9 Kindern im Alter von 10-12 Jahren und 12 Jugendlichen unter Steady-State-Behandlung mit 400 mg Quetiapin 2-mal täglich wurden pharmakokinetische Daten erhoben. Im Steady State waren die Dosis-normalisierten Plasmaspiegel der Ausgangsverbindung Quetiapin bei Kindern und Jugendlichen (10-17 Jahre) im Allgemeinen ähnlich wie die bei Erwachsenen erreichten Werte, wobei Cmax bei Kindern allerdings im oberen Bereich der bei Erwachsenen beobachteten Werte lag. Die AUC und Cmax für den aktiven Metaboliten, N-Desalkylquetiapin, waren im Vergleich zu Erwachsenen höher, und lagen bei ungefähr 62 % bzw. 49 % bei Kindern (10-12 Jahre), und 28 % bzw. 14 % bei Jugendlichen (13-17 Jahre).
5.3 Präklinische Daten zur Sicherheit
In mehreren In-vitro- und In-vivo-Studien zur Genotoxizität ergaben sich keine Hinweise auf Genotoxizität. Bei Versuchstieren wurden in klinisch relevanter Exposition die folgenden Anomalien beobachtet, die bisher noch nicht in klinischen Langzeitstudien belegt wurden: Bei Ratten zeigten sich Pigmentablagerungen in der Schilddrüse; bei Cynomolgusaffen wurde eine Hypertrophie der Schilddrüsenfollikelzellen, eine Verminderung der T3-Werte im Plasma, eine reduzierte Hämoglobinkonzentration sowie ein Absinken der Erythrozyten- und Leukozytenzahl beobachtet; bei Hunden ist es zu Linsentrübung und Katarakten gekommen (zu Katarakten/Linsentrübungen siehe Abschnitt 5.1).
In einer Toxizitätsstudie an Kaninchen zur embryonalen und fetalen Entwicklung wurde ein vermehrtes Auftreten von karpalen/tarsalen Flexuren beim Fetus beobachtet. Diese Wirkung trat bei offenkundigen Effekten aufseiten der Mutter, wie erniedrigte Gewichtszunahme, auf. Diese Wirkungen traten nach Expositionen in Erscheinung, die gleich oder minimal höher waren, als die beim Menschen unter maximaler therapeutischer Dosis. Die Relevanz dieser Ergebnisse für den Menschen ist nicht bekannt.
In einer Fertilitätsstudie an Ratten wurden eine marginal reduzierte Fruchtbarkeit beim Männchen sowie Scheinschwangerschaften, länger andauernde Diöstrusperioden, verlängertes präkoitales Intervall und reduzierte Schwangerschaftsraten beobachtet. Diese Wirkungen sind auf die erhöhten Prolaktinspiegel zurückzuführen. Sie sind aufgrund der Speziesunterschiede in Bezug auf die hormonelle Reproduktionskontrolle für den Menschen nicht direkt relevant.
6. PHARMAZEUTISCHE ANGABEN
6.1 Liste der sonstigen Bestandteile
Tablettenkern
• Calciumhydrogenphosphat-Dihydrat
• mikrokristalline Cellulose
• Lactose-Monohydrat
• Magnesiumstearat (Ph.Eur.)
• Povidon (K 29/32)
• Siliciumdioxid-Hydrat
• Carboxymethylstärke-Natrium (Typ A) (Ph.Eur.)
Filmüberzug
• Hypromellose
• Lactose-Monohydrat
• Macrogol 4000
• Titandioxid (E 171)
zusätzlich für Quetiapin - 1 A Pharma 25/- 50 mg Filmtabletten
• Eisen(III)-oxid (E 172)
• Eisen(III)-hydroxid-oxid × H2O (E 172)
zusätzlich für Quetiapin - 1 A Pharma 100/- 150 mg Filmtabletten
• Eisen(III)-hydroxid-oxid × H2O (E 172)
6.2 Inkompatibilitäten
Nicht zutreffend.
6.3 Dauer der Haltbarkeit
Quetiapin - 1 A Pharma 25/- 50 mg Filmtabletten
Blister
4 Jahre
Flasche
3 Jahre
Quetiapin - 1 A Pharma 100/- 150/- 200/- 300/- 400 mg Filmtabletten
3 Jahre
Haltbarkeit nach Anbruch der HDPE-Flaschen: 6 Monate
6.4 Besondere Vorsichtsmaßnahmen für die Aufbewahrung
Für dieses Arzneimittel sind keine besonderen Lagerungsbedingungen erforderlich.
6.5 Art und Inhalt des Behältnisses
Die Filmtabletten sind in PVC/COC/PVDC/Aluminium-, PVC/PVDC/Aluminium- oder PVC/PE/PVDC/Aluminiumblisterpackungen in einer Faltschachtel oder einer HDPE-Flasche mit einem PP oder PE Schraubverschluss und Trockenmittel (Silikagel) verpackt.
Packungsgrößen:
Blister: 10, 20, 50 oder 100 Filmtabletten
HDPE-Flasche: 100 Filmtabletten
Es werden möglicherweise nicht alle Packungsgrößen in den Verkehr gebracht.
6.6 Besondere Vorsichtsmaßnahmen für die Beseitigung
Nicht verwendetes Arzneimittel oder Abfallmaterial ist entsprechend den nationalen Anforderungen zu beseitigen.
7. INHABER DER ZULASSUNGEN
1 A Pharma GmbH
Industriestraße 18
83607 Holzkirchen
Telefon: (08024) 908-3030
E-Mail: medwiss@1apharma.com
8. ZULASSUNGSNUMMERN
Quetiapin - 1 A Pharma 25 mg Filmtabletten
71236.00.00
Quetiapin - 1 A Pharma 50 mg Filmtabletten
71237.00.00
Quetiapin - 1 A Pharma 100 mg Filmtabletten
73497.00.00
Quetiapin - 1 A Pharma 150 mg Filmtabletten
73498.00.00
Quetiapin - 1 A Pharma 200 mg Filmtabletten
73499.00.00
Quetiapin - 1 A Pharma 300 mg Filmtabletten
73500.00.00
Quetiapin - 1 A Pharma 400 mg Filmtabletten
73501.00.00
9. DATUM DER ERTEILUNG DER ZULASSUNGEN/VERLÄNGERUNG DER ZULASSUNGEN
Datum der Erteilung der Zulassungen
Quetiapin - 1 A Pharma 25/- 50 mg Filmtabletten
27. Juli 2009
Quetiapin - 1 A Pharma 100/- 150/- 200/- 300/- 400 mg Filmtabletten
30. November 2009
Datum der letzten Verlängerung der Zulassungen
Quetiapin - 1 A Pharma 25/- 50 mg Filmtabletten
11. September 2013
Quetiapin - 1 A Pharma 100/- 150/- 200/- 300/- 400 mg Filmtabletten
21. Oktober 2013
10. STAND DER INFORMATION
Juli 2024
11. VERKAUFSABGRENZUNG
Verschreibungspflichtig