5. PHARMAKOLOGISCHE EIGENSCHAFTEN 5.1 Pharmakodynamische Eigenschaften
Pharmakotherapeutische Gruppe: Urologika, Alpha-Adrenorezeptor-Antagonisten,
ATC-Code: G04CA04.
Wirkmechanismus
Silodosin besitzt eine hohe Selektivität für α1A-Adrenorezeptoren, die vorwiegend in der menschlichen Prostata, Harnblase, im Blasenhals, in der Prostatakapsel und prostatischen Harnröhre lokalisiert sind. Eine Blockade dieser α1A-Adrenorezeptoren bewirkt eine Entspannung der glatten Muskulatur in diesen Geweben und damit eine Verminderung des Blasenauslasswiderstands, ohne dabei die Kontraktilität des glatten Detrusormuskels zu beeinträchtigen. Dies führt zu einer Verbesserung der mit einer benignen Prostatahyperplasie assoziierten Speicher- (irritativen) und Entleerungs- (obstruktiven) Symptome (Lower urinary tract symptoms, LUTS).
Silodosin verfügt über eine wesentlich geringere Affinität zu den vorwiegend im kardiovaskulären System lokalisierten α1B-Adrenorezeptoren. In vitro konnte gezeigt werden, dass das α1A : α1B-Bindungsverhältnis von Silodosin (162 : 1) äußerst hoch ist.
Klinische Wirksamkeit und Sicherheit
In einer doppelblinden, placebokontrollierten klinischen Phase II-Dosisfindungsstudie mit Silodosin 4 oder 8 mg einmal täglich wurde unter Silodosin eine stärkere Besserung des Symptom-Index-Score der American Urologic Association (AUA) verzeichnet als unter Placebo (Silodosin 8 mg: – 6,8 ± 5,8, n = 90; p = 0,0018; Silodosin 4 mg: – 5,7 ± 5,5, n = 88; p = 0,0355; Placebo: – 4,0 ± 5,5, n = 83).
Mehr als 800 Patienten mit mittelschweren bis schweren Symptomen einer BPH (International Prostate Symptom Score, IPSS, Ausgangswert ≥ 13) erhielten Silodosin 8 mg einmal täglich in zwei placebokontrollierten klinischen Phase III-Studien in den Vereinigten Staaten bzw. in einer placebo- und aktiv-kontrollierten klinischen Studie in Europa. In allen Studien wurden Patienten, die während einer 4-wöchigen Placebo-Runin-Phase nicht auf Placebo ansprachen, der Studienbehandlung zurandomisiert. In allen Studien kam es nach 12-wöchiger Behandlung bei den Patienten unter Silodosin im Vergleich zu den Patienten unter Placebo zu einer stärkeren Abschwächung der Speicher- (irritativen) und Entleerungs-(obstruktiven) Symptome der BPH. Im Folgenden sind die in den jeweiligen Studien in der Intent-to-treat-Population erhobenen Daten aufgeführt:
Siehe unten stehende Tabelle
In der in Europa durchgeführten, aktiv-kontrollierten klinischen Studie hat sich Silodosin 8 mg einmal täglich gegenüber Tamsulosin 0,4 mg einmal täglich als nicht unterlegen erwiesen: Die bereinigte mittlere Differenz (95%-KI) im IPSS-Gesamtscore zwischen den Per-Protocol-Populationen lag bei 0,4 (– 0,4 bis 1,1). Die Ansprechrate (d. h. Verbesserung des IPSS-Gesamtscores um mindestens 25 %) war in der Silodosin-(68 %) bzw. Tamsulosin-Gruppe (65 %) signifikant höher als in der Placebogruppe (53 %). In der folgenden offenen Langzeitphase dieser kontrollierten Studien wurden die Patienten über bis zu 1 Jahr mit Silodosin behandelt. Die durch Silodosin nach 12-wöchiger Behandlung hervorgerufene Besserung der Symptome blieb über einen Zeitraum von 1 Jahr bestehen.
In einer in Europa durchgeführten klinischen Phase-IV-Studie mit einem mittleren Ausgangs IPSS Gesamtscore von 18,9 Punkten, sprachen 77,1 % auf Silodosin an (bestimmt durch eine Veränderung vom Ausgangswert im IPSS Gesamtscore von mindestens 25 %). Etwa die Hälfte der Patienten berichteten über eine Verbesserung der zu Beginn der Studie von den Patienten als am stärksten störend empfundenen Symptome (d. h. Nykturie, Frequenz, verringerter Harnstrahl, Dringlichkeit, Nachtröpfeln und unvollständige Entleerung), wie mittels des ICS-(International Continency Score)-male Fragebogens erfasst wurde.
In allen mit Silodosin durchgeführten klinischen Studien war keine signifikante Verminderung des Blutdrucks im Liegen zu beobachten.
Silodosin 8 mg und 24 mg täglich hatten im Vergleich zu Placebo keine statistisch signifikante Wirkung auf das EKG-Intervall oder die kardiale Repolarisation.
Kinder und Jugendliche
Die Europäische Arzneimittel-Agentur hat für Urorec eine Freistellung von der Verpflichtung zur Vorlage von Ergebnissen zu Studien in allen pädiatrischen Altersklassen bei BPH gewährt (siehe Abschnitt 4.2 bzgl. Informationen zur Anwendung bei Kindern und Jugendlichen).
5.2 Pharmakokinetische Eigenschaften
Die Pharmakokinetik von Silodosin und seiner Hauptmetaboliten wurde bei erwachsenen männlichen Probanden mit oder ohne BPH nach Einzelgaben und wiederholter Anwendung von Dosen zwischen 0,1 mg und 48 mg pro Tag beurteilt. Die Pharmakokinetik von Silodosin verhält sich innerhalb dieses Dosisbereichs linear.
Die Exposition gegenüber dem Hauptmetaboliten im Plasma, Silodosin-Glucuronid (KMD-3213G), im Steady-state entspricht etwa dem Dreifachen der Konzentration der Muttersubstanz. Steady-state-Konzentrationen von Silodosin bzw. seines Glucuronids werden nach 3 bzw. 5 Behandlungstagen erreicht.
Resorption
Oral gegebenes Silodosin wird gut resorbiert, wobei die Resorption dosisproportional erfolgt. Die absolute Bioverfügbarkeit beläuft sich auf ca. 32 %.
Eine In-vitro-Studie mit Caco-2-Zellen zeigte, dass Silodosin ein Substrat für P-Glykoprotein darstellt.
Nahrungsaufnahme führt zu einer Verminderung der Cmax um rund 30 %, einer Erhöhung der tmax um etwa 1 Stunde und hat nur eine geringe Wirkung auf die AUC. Bei gesunden männlichen Probanden der Alterszielgruppe (n = 16, mittleres Alter 55 ± 8 Jahre) wurden nach oraler Anwendung von 8 mg einmal täglich, unmittelbar nach dem Frühstück über einen Zeitraum von 7 Tagen, die folgenden pharmakokinetischen Parameter ermittelt: Cmax 87 ± 51 ng/ ml (SD), tmax 2,5 Stunden (Bereich: 1,0 – 3,0), AUC 433 ± 286 ng ∙ h/ml.
Verteilung
Silodosin hat ein Verteilungsvolumen von 0,81 l/kg und wird zu 96,6 % an Plasmaproteine gebunden. Es verteilt sich nicht in den Blutzellen.
Die Proteinbindung des Silodosin-Glucuronids liegt bei 91 %.
Biotransformation
Silodosin wird in großem Umfang durch Glucuronidierung (UGT2B7), Alkohol- und Aldehyddehydrogenase sowie Oxidation (hauptsächlich CYP3A4) metabolisiert. Für den Hauptmetaboliten im Plasma, das Glucuronidkonjugat von Silodosin (KMD-3213G), wurde eine In-vitro-Wirksamkeit nachgewiesen. Dieser Metabolit besitzt eine sehr lange Halbwertszeit (ca. 24 Stunden) und erreicht ungefähr viermal so hohe Plasmakonzentrationen wie Silodosin. In-vitro-Daten deuten darauf hin, dass Silodosin kein potentieller Inhibitor oder Induktor des Zytochrom-P450-Enzymsystems darstellt.
Elimination
Sieben Tage nach oraler Gabe von 14Cmarkiertem Silodosin wurden ca. 33,5 % der Radioaktivität im Urin und 54,9 % in den Fäzes wiedergefunden. Die Clearance von Silodosin lag bei etwa 0,28 l/h/kg. Silodosin wird hauptsächlich in metabolisierter Form ausgeschieden, im Urin liegen nur sehr geringe Konzentrationen der unveränderten Substanz vor. Die terminale Halbwertszeit der Muttersubstanz bzw. ihres Glucuronids beläuft sich auf rund 11 bzw. 18 Stunden.
Besondere Patientengruppen
Ältere Patienten
Die Exposition gegenüber Silodosin und seinen Hauptmetaboliten verändert sich mit zunehmendem Alter nicht, auch nicht bei Patienten über 75 Jahren.
Kinder und Jugendliche
Die Anwendung von Silodosin wurde bei Patienten unter 18 Jahren nicht untersucht.
Eingeschränkte Leberfunktion
In einer Einzeldosisstudie war die Pharmakokinetik von Silodosin bei neun Patienten mit mittelschwerer Leberfunktionsstörung (Child-Pugh-Scores von 7 bis 9) im Vergleich zu neun gesunden Probanden unverändert. Bei der Interpretation der Ergebnisse dieser Studie ist Vorsicht angebracht, da die Patienten normale biochemische Werte aufwiesen, was auf eine normale metabolische Funktion schließen lässt, und ihre Leberfunktionsstörung nach Maßgabe von Aszites und hepatischer Enzephalopathie als mittelschwer eingestuft wurde.
Die Pharmakokinetik von Silodosin bei Patienten mit schwerer Leberfunktionsstörung wurde nicht untersucht.
Eingeschränkte Nierenfunktion
In einer Einzeldosisstudie führte die Exposition gegenüber Silodosin (ungebunden) bei Patienten mit leichter (n = 8) und mittelschwerer Nierenfunktionsstörung (n = 8) im Vergleich zu nierengesunden Patienten (n = 8) im Durchschnitt zu einem Anstieg der Cmax (1,6-fach) und AUC (1,7-fach). Bei Patienten mit schwerer Nierenfunktionsstörung (n = 5) erhöhte sich die Exposition für Cmax um den Faktor 2,2 und für AUC um den Faktor 3,7. Auch die Exposition gegenüber den Hauptmetaboliten, Silodosin-Glucuronid und KMD-3293, war erhöht. Eine Überwachung der Plasmakonzentrationen innerhalb einer klinischen Phase-III-Studie hat gezeigt, dass sich die Spiegel von Silodosin insgesamt nach 4 Behandlungswochen bei Patienten mit leichter Nierenfunktionsstörung (n = 70) im Vergleich zu nierengesunden Patienten (n = 155) nicht verändert hatten, wohingegen sich die Spiegel bei Patienten mit mittelschwerer Nierenfunktionsstörung (n = 7) im Mittel verdoppelt hatten. Eine Auswertung der Daten zur Unbedenklichkeit von Patienten aus allen klinischen Studien deutet nicht darauf hin, dass eine leichte Nierenfunktionsstörung (n = 487) während einer Therapie mit Silodosin im Vergleich zu Patienten mit normaler Nierenfunktion (n = 955) ein zusätzliches Risiko mit sich bringt (etwa eine Zunahme von Schwindel oder orthostatischer Hypotonie). Daher ist bei Patienten mit leichter Nierenfunktionsstörung keine Dosisanpassung erforderlich. Da bei Patienten mit mittelschwerer Nierenfunktionsstörung nur begrenzte Erfahrungen vorliegen (n = 35), wird in solchen Fällen eine niedrigere Anfangsdosis von 4 mg empfohlen. Bei Patienten mit schwerer Nierenfunktionsstörung wird die Anwendung von Urorec nicht empfohlen.
5.3 Präklinische Daten zur Sicherheit
Basierend auf den konventionellen Studien zur Sicherheitspharmakologie sowie zum kanzerogenen, mutagenen und teratogenen Potential lassen die präklinischen Daten keine besonderen Gefahren für den Menschen erkennen. Auswirkungen bei Tieren (auf die Schilddrüse von Nagern) wurden nur bei Expositionen beobachtet, die als ausreichend weit oberhalb der für den Menschen bestimmten maximalen Exposition liegend angesehen werden, so dass die Relevanz für die klinische Anwendung gering ist. Bei männlichen Ratten wurde bei einer Exposition, die etwa dem zweifachen der Exposition bei der empfohlenen Höchstdosis beim Menschen entsprach, eine beeinträchtigte Fertilität dokumentiert. Der beobachtete Effekt erwies sich als reversibel.
6. PHARMAZEUTISCHE ANGABEN 6.1 Liste der sonstigen Bestandteile
Urorec 4 mg und 8 mg Hartkapseln
Kapselinhalt
Vorverkleisterte Stärke (Mais)
Mannitol (E 421)
Magnesiumstearat
Natriumdodecylsulfat
Kapselhülle
Gelatine
Titandioxid (E 171)
Eisen(III)-hydroxid-oxid × H2O (E172) (nur 4 mg Hartkapsel)
6.2 Inkompatibilitäten
Nicht zutreffend.
6.3 Dauer der Haltbarkeit
3 Jahre.
6.4 Besondere Vorsichtsmaßnahmen für die Aufbewahrung
Nicht über 30 °C lagern.
In der Originalverpackung aufbewahren, um den Inhalt vor Licht und Feuchtigkeit zu schützen.
6.5 Art und Inhalt des Behältnisses
Die Kapseln stehen in Blisterpackungen aus PVC/PVDC/Aluminiumfolie zur Verfügung, die in Umkartons verpackt sind.
Packungen mit 5, 10, 20, 30, 50, 90, 100 Kapseln.
Es werden möglicherweise nicht alle Packungsgrößen in den Verkehr gebracht.
6.6 Besondere Vorsichtsmaßnahmen für die Beseitigung
Nicht verwendetes Arzneimittel oder Abfallmaterial ist entsprechend den nationalen Anforderungen zu beseitigen.
7. INHABER DER ZULASSUNG
Recordati Ireland Ltd.
Raheens East
Ringaskiddy Co. Cork
Irland
8. ZULASSUNGSNUMMER(N)
EU/1/09/608/001
EU/1/09/608/002
EU/1/09/608/003
EU/1/09/608/004
EU/1/09/608/005
EU/1/09/608/006
EU/1/09/608/007
EU/1/09/608/008
EU/1/09/608/009
EU/1/09/608/010
EU/1/09/608/011
EU/1/09/608/012
EU/1/09/608/013
EU/1/09/608/014
9. DATUM DER ERTEILUNG DER ZULASSUNG/VERLÄNGERUNG DER ZULASSUNG
Datum der Erteilung der Zulassung:
29. Januar 2010
Datum der letzten Verlängerung der Zulassung:
18. September 2014
10. STAND DER INFORMATION
06/2019
Ausführliche Informationen zu diesem Arzneimittel sind auf den Internetseiten der Europäischen Arzneimittel-Agentur http://www.ema.europa.eu verfügbar.
11. VERSCHREIBUNGSSTATUS/APOTHEKENPFLICHT
Verschreibungspflichtig
12. PACKUNGSGRÖSSEN IN DEUTSCHLAND
Packung mit 30 Hartkapseln N 1
Packung mit 50 Hartkapseln N 2
Packung mit 100 Hartkapseln N 3
13. REPRÄSENTANT IN DEUTSCHLAND
Recordati Pharma GmbH
Eberhard-Finckh-Str. 55
89075 Ulm
Telefon: (0731) 7047-0
Telefax: (0731) 7047-297
24 Stunden-Telefondienst für Notfälle:
(0731) 44011